Sonderausgabe: Dekontamination Verletzter (PDF, 2MB)
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<strong>Dekontamination</strong> und<br />
Behandlung <strong>Verletzter</strong><br />
Ergebnisse eines Forschungsauftrags des BMI<br />
Von B. Domres, S. Brockmann, A. Manger und R. Wenke<br />
Es gibt 11 Millionen Chemikalien, davon werden regelmäßig<br />
70.000 verschiedene Substanzen jährlich<br />
weltweit in einer Menge von ca. 500 Millionen Tonnen<br />
produziert, transportiert und verwendet. Eine<br />
Kontamination mit chemischen Schadstoffen kann als<br />
Folge eines Unfalls nach ungewollter Freisetzung<br />
toxischer Chemikalien auftreten. Auch besteht das Risiko,<br />
dass chemische Kampfstoffe von kriminellen<br />
Banden und Terroristen eingesetzt werden, da die Herstellung<br />
einfach ist und die dazu notwendigen Ausgangsstoffe<br />
relativ leicht beschafft werden können.<br />
Von den 70.000 chemischen Substanzen wurden seit<br />
dem Jahr 1900 70 verschiedene von militärischer Seite<br />
im Krieg und von Terroristen eingesetzt.<br />
Daher sind effektive Konzepte zur <strong>Dekontamination</strong><br />
sowohl am Schadensort als auch vor der stationären<br />
Aufnahme ins Krankenhaus zu fordern. Für<br />
die <strong>Dekontamination</strong> <strong>Verletzter</strong> am Schadensort hat<br />
die AGKM der Universität Tübingen im Auftrag des<br />
Bundesinnenministeriums ein Konzept erarbeitet<br />
(1008/00/1-XA2), das auf den 460 Dekon-P-Einheiten<br />
basiert, die vom Bund nach einem Schlüssel pro<br />
180.000 Einwohner den Feuerwehren überstellt wurden.<br />
Nach einem Zwischenfall mit chemischen Gefahrstoffen<br />
muss man grundsätzlich davon ausgehen, dass<br />
alle Personen, die sich im Gefahrenbereich aufgehalten<br />
haben, kontaminiert sind. Daher ist eine <strong>Dekontamination</strong><br />
aller Betroffenen mit anschließendem<br />
Kontaminationsnachweis unerlässlich. Dies muss zum<br />
Schutz der Betroffenen so rasch wie möglich vor<br />
Ort geschehen aus folgenden Gründen:<br />
1. eine Einwirkung von Chemikalien auf den menschlichen<br />
Körper kann bei Verzögerung der <strong>Dekontamination</strong><br />
zu weiteren Schäden des Patienten führen.<br />
2.Einsatzkräfte, die in Kontakt mit den Kontaminierten<br />
kommen, müssen vor der Chemikalie<br />
geschützt werden.<br />
3.Nachfolgende medizinische Versorgungseinheiten<br />
wie Krankenhäuser und Behandlungsplätze müssen<br />
frei von jeglicher Kontamination gehalten werden,<br />
da ansonsten die weitere Versorgung von<br />
Gefährdeten, Erkrankten und Verletzten massiv<br />
beeinträchtigt werden kann.<br />
4.Insgesamt muss gefolgert werden, dass eine Verschleppung<br />
der Kontamination schwerwiegende<br />
Einflüsse auf die rettungsdienstliche sowie medizinische<br />
Infrastruktur und das „Outcome“ der Verletzten<br />
haben kann.<br />
Wie der Terroranschlag mit dem Nervengift<br />
Sarin der Aum-Sekte in Tokio 1995 zeigt, werden<br />
Krankenhäuser aufgrund unterlassener <strong>Dekontamination</strong><br />
inkapaziert. Infolge des Abgasens der giftigen,<br />
flüchtigen Substanzen, die von den Betroffenen<br />
ausgehen, wird das Krankenhauspersonal gefährdet<br />
und arbeitsunfähig.<br />
Beispiel Tokio:<br />
Der Giftgasanschalg auf die Tokyoter U-Bahn<br />
hat die Probleme und Defizite der herkömmlichen<br />
Katastrophenplanungen aufgedeckt. So wurde das<br />
Krankenhaus innerhalb weniger Stunden nach dem<br />
Zwischenfall von Selbsteinweisern „überrannt“.<br />
Am Schadensort wurde keine <strong>Dekontamination</strong><br />
durchgeführt und alle Patienten, die mobil waren,<br />
haben sich auf eigene Faust und somit „unkoordiniert“<br />
in Behandlung begeben.<br />
SONDERAUSGABE 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ<br />
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