Sonderausgabe: Dekontamination Verletzter (PDF, 2MB)
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DEKON: KLINIK<br />
Leichte Vergiftungen führen zu Atemnot ohne<br />
Zyanose, thorakalem Engegefühl, Angstzuständen,<br />
Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Bei schweren<br />
Vergiftungen kommt es zu Verwirrtheit, Krampfanfällen,<br />
Koma, Atemstillstand, Arrhythmien und<br />
Herz-Kreislaufstillstand. Eine Differenzierung zwischen<br />
einer Kohlenmonoxid- und einer Blausäurevergiftung<br />
ist klinisch allerdings nicht möglich.<br />
Im Rahmen der Primärversorgung werden die<br />
Patienten zunächst aus dem toxischen Gefahrenbereich<br />
entfernt. Bewusstlose Patienten werden umgehend<br />
endotracheal intubiert und mit einem FiO2<br />
von 1.0 beatmet. Instabile Herz-Kreislaufverhältnisse<br />
Das Rettungspersonal benötigt eine ausreichende Schutzausrüstung<br />
wie die abgebildete Atemschutzmaske gem. EN 136 Klasse 3 und<br />
VFDB-Richtlinie 0802 sowie...<br />
werden mit Flüssigkeitssubstitution und Katecholaminen<br />
behandelt. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand<br />
ist nach den üblichen Basismaßnahmen der Reanimation<br />
vorzugehen. Eine Laktatazidose muss frühzeitig<br />
mit Natriumhydrogencarbonat korrigiert werden.<br />
Cerebrale Krampfanfälle werden mit Diazepam oder<br />
Clonazepam behandelt. Für die Antidot-Therapie<br />
der leichten HCN-Vergiftung genügt in der Regel die<br />
alleinige Gabe von Natriumthiosulfat in einer Dosierung<br />
von 100 mg/kg KG. Bei einer schweren brandrauchbedingten<br />
HCN-Vergiftung erfolgt die Antidot-<br />
Therapie mit Hydroxocobalamin in einer Dosierung<br />
von 70 mg/kg KG bzw. 5g Hydroxocobalamin für<br />
BEVÖLKERUNGSSCHUTZ SONDERAUSGABE 2006<br />
den Erwachsenen. 4-DMAP darf in diesen Fällen<br />
nicht eingesetzt werden, da dieses zusammen mit<br />
dem im Brandrauch befindlichen Kohlenmonoxid<br />
die Sauerstofftransportkapazität weiter verschlechtern<br />
würde.<br />
Intoxikation mit Reizgasen<br />
In Abhängigkeit von der Wasserlöslichkeit<br />
unterscheiden wir prinzipiell zwischen Reizgasen<br />
vom Sofort-Typ und Reizgasen vom Latenz-Typ. Die<br />
Reizgase vom Sofort-Typ zeigen eine relativ gute<br />
Wasserlöslichkeit und werden deshalb bereits im<br />
oberen Respirationstrakt abgefangen, mit dem<br />
Ergebnis einer frühzeitigen Symptomatik im Bereich<br />
der oberen Atemwege. Reizgase vom Latenz-Typ<br />
sind weniger gut wasserlöslich und können deshalb<br />
bei der Inspiration auch die tieferen Abschnitte des<br />
Respirationstrakts erreichen. Die Folge ist dann ein<br />
mit einer gewissen Verzögerung einsetzender Entzündungsprozess<br />
im Bereich der tieferen Atemwege.<br />
Intoxikation mit Reizgasen vom Sofort-Typ<br />
Im Brandrauch sind die häufigsten Reizgase<br />
vom Sofort-Typ Chlorwasserstoff (HCl), Formaldehyd,<br />
Ammoniak (NH3), Schwefeldioxid (SO2), Fluorwasserstoff<br />
(HF) und Acrolein.<br />
Im Bereich der Atemwege führen diese Reizgase<br />
zu Reizhusten, Dyspnoe, Bronchospastik und<br />
retrosternalem Druck. Nur bei massiver Exposition<br />
kann es auch zum toxischen Lungenödem kommen.<br />
Am Auge verursachen die Reizgase vom Sofort-Typ<br />
Augenbrennen, Tränenfluss und Konjunktivitis.<br />
Die therapeutischen Maßnahmen konzentrieren<br />
sich auf das Entfernen der Patienten aus dem<br />
toxischen Gefahrenbereich. Anschließend erfolgt die<br />
Gabe von Sauerstoff. Bei Atemwegsobstruktion werden<br />
inhalative b2-Sympathomimetika, bei starkem Husten<br />
Antitussiva eingesetzt. Eine intravenöse Applikation<br />
von Glucocorticoiden sowie Intubation und Beatmung<br />
sind nur in Ausnahmefällen erforderlich. Die<br />
Anwendung inhalativer Glucocorticoide wird bei<br />
Intoxikationen mit Reizgasen vom Sofort-Typ nicht<br />
empfohlen.<br />
Intoxikation mit Reizgasen vom Latenz-Typ<br />
Die häufigsten Reizgase vom Latenz-Typ im<br />
Brandrauch sind Nitrose Gase und Phosgen.<br />
Nach Inhalation dieser Reizgase kommt es zunächst<br />
nur zu leichten Beschwerden in Form von