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Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...

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RELIGIÖSE IDENTITÄT<br />

Volkszugehörigkeit habe ich nie „ich bin Türke" gesagt. Ich bin von einem alten<br />

Volk, das heißt dem syrischen Volk", 51 bemerkt Bitris Ögunc. Und er präzisiert<br />

„Ich bin überall Assyrer. Und das ist meine Volkszugehörigkeit." 52 Da er von sich<br />

aus keine Berührungsängste mit anderen Konfessionen hatte und im Bestreben<br />

nach nationaler Einheit der Christen im oder aus dem Vorderen Orient eher eine<br />

Stärkung als eine Schwächung des Gemeinschaftsgefühls sah, konnte er die<br />

Einwände der Kirchenleitung weder verstehen noch mittragen. Konsequenterweise<br />

weigerte er sich deshalb, dem Befehl der Kirchenleitung, Assyrer vom<br />

Kirchendienst auszuschließen, Folge zu leisten. Darauf folgte eine 3-monatige<br />

Amtsenthebung, die schließlich von dem Patriarchen in Damaskus wieder<br />

aufgehoben wurde.<br />

Bitris Ögunc beurteilt die Ablehnung der Assyrer durch die syrisch-orthodoxe<br />

Kirche unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten:<br />

• Da zu Beginn der assyrischen Bewegung deren Anhänger fast durchweg aus der<br />

akademisch gebildeten Schicht kamen, glaubt Bitris Ögunc, dass die Kirche sie<br />

aus diesem Grund bekämpfte: „Und die, die sie Assyrer nennen, sind fast alle<br />

ausgebildete Personen. Und natürlich wollen nicht alle Kirchenbehörden<br />

ausgebildete Personen in der Kirche haben. Wenn jemand an der Macht ist, lässt<br />

er diese Macht nicht so schnell oder leicht los." 53<br />

• Zum Zweiten unterstellt er den christlichen Kirchen, egal ob katholisch,<br />

evangelisch oder orthodox, eine offizielle Ablehnung der Assyrer, und zwar aus<br />

„zionismuspolitischen" 54 Gründen. Das Alte Testament und somit der Glaube<br />

der Juden sei gegen die Assyrer eingestellt. Im Alten Testament werde Gott als<br />

Mörder dargestellt, weil er durch seine Engel 8000 Assyrer umbringen ließ. 55<br />

„Also ich glaube nicht an solche Verse in der alten Bibel", bemerkt Bitris Ögunc,<br />

„seitdem ich Priester geworden bin, hab ich nie in der Kirche das Alte Testament<br />

gelesen [...]. Gott ist kein Mörder." 56 Wenn diese Aussage von Bitris Ögunc<br />

stimmt, dann haben seine Sympathien für die Assyrer indirekt auch im Inhalt<br />

seiner Gottesdienste Niederschlag gefunden.<br />

Fazit<br />

Die oben angeführten Punkte können nur einen kleinen Einblick in das religiöse<br />

Verständnis des vorgestellten Pfarrers Bitris Ögunc geben und nur punktuell die<br />

Probleme der religiösen Identität der syrisch-orthodoxen Christen in der<br />

Diaspora umreißen.<br />

Ich möchte nun noch einmal die verschiedenen Aussagen und Forderungen zum<br />

20

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