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Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...

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RELIGIÖSE IDENTITÄT<br />

Am Beispiel der hier vorgestellten syrisch-orthodoxen Christen, der Suryoye,<br />

wird u.a. deutlich, dass religiöse und ethnische Identität einerseits ein Beziehungsgeflecht<br />

bedeuten, andererseits in einem Konkurrenzkampf stehen und<br />

an Identitätsfindungsprozesse erinnern, die Greverus unter dem Begriff<br />

„Identitätsmanagement" subsumiert 10<br />

Die Suryoye<br />

Die in Deutschland lebenden orientalischen Christen sind in der Mehrzahl<br />

syrisch-orthodoxen Glaubens und stammen aus Dörfern und kleineren Städten<br />

im TUT Abdin. Mit diesem Namen wird ein bergiger Landstrich in Südostanatolien/Türkei<br />

bezeichnet, der im Norden und Osten an den oberen Tigris<br />

grenzt, im Süden an die syrisch-mesopotamischen Ebenen und im Westen bis zur<br />

Stadt Mardin reicht Großräumig ist der Tur Abdin eingebettet in das ursprüngliche<br />

Siedlungsgebiet der Christen, das im wesentlichen dem antiken Mesopotamien<br />

entspricht Neben dem südostanatolischen Bergland und den<br />

angrenzenden Gebieten in der Türkei, Syrien und dem Irak leben kleinere<br />

christliche Gruppen im Iran, im Libanon und in Jordanien. 11 Tur Abdin wird<br />

„gewöhnlich übersetzt mit 'Berg der Knechte (Gottes)', 'Berg der<br />

Gottesknechte', auch mit 'Sklavenberg'. Geschichtlich will man ihn von den<br />

Eremiten und Mönchen herleiten, die im frühen Mittelalter hierher zogen und in<br />

Höhlen und Klöstern wohnten." 12<br />

Traditionell werden diese Christen als „Syrer" bezeichnet. 13 Der Terminus<br />

„syrische Christen" folgt der Ubersetzung der Eigenbezeichnung „Suryoye" als<br />

„Syrer": „'Suryoyo' 14 heißt eigentlich 'Syrer', die konventionelle Bedeutung von<br />

Suryoyo ist jedoch 'Christ'. Das hängt mit der historischen Periode ab dem 1. und<br />

2. Jahrhundert zusammen, in der sich das Christentum in den östlichen Mittelmeerraum<br />

und nach Nordmesopotamien verbreitete und mit dem Aramäischen<br />

(auch Syrisch, „Suryoyo" genannt), das sich damals als lingua franca eben jener<br />

zum Christentum konvertierten Bevölkerung etablierte. Syrisch wurde zum<br />

literarischen Medium einer frühen christlichen Kultur des Nahen Ostens, und die<br />

„Syrer" waren jene Leute, die dieser Kultur angehörten. Die Selbstbezeichnung<br />

„Suryoyo" bezieht sich also auf diese historische Situation und hat mit der<br />

Zugehörigkeit zum modernen Staat Syrien nichts zu tun." 15 Das Identifikationsmuster<br />

der Suryoye folgte jahrhundertelang in erster Linie ihrer Religions- bzw.<br />

Konfessionszugehörigkeit. Unter dem Einfluss des (europäischen) Nationalgedankens<br />

begannen im 19. Jahrhundert die Bewohner des Nahen Ostens nach<br />

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