Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...
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BERICHTE<br />
mit dem Fahrer sprechen" oder „30 DM sind viel Geld..." oder über Streckenpläne<br />
mit Haltestellen aus deutschen Großstädten. Hintergrund ist, dass in<br />
Deutschland ausgemusterte Busse billig aufgekauft und hier solange benutzt<br />
werden, bis sie nicht mehr fahren und restlos ausgeschlachtet werden. Auch die<br />
gelben Telefonhäuschen der Deutschen Post haben in Rumänien ein neues<br />
Zuhause gefunden. Die Weiternutzung ausrangierter Güter kann man auch bei<br />
Autos und Elektronikartikeln beobachten. Viele Gebrauchsgegenstände stammen<br />
aus zweiter oder dritter Hand. Neu gekaufte, westliche Produkte, in die man<br />
ein hohes Vertrauen setzt, sind selten. Allerdings steht in so gut wie jeder<br />
Wohnung ein Fernsehgerät, das nahezu ununterbrochen läuft, beim Essen, bei<br />
der Hausarbeit und bemerkenswerterweise gerade dann, wenn Gäste zu Besuch<br />
kommen, denen man das Prestigeobjekt begierig vorführt<br />
Orte und Situationen konfrontieren einen einerseits mit modernen<br />
Verhältnissen, andererseits aber auch gleichzeitig mit vormodern anmutenden<br />
Lebensweisen. Menschen gehen über Land zur Arbeit auf den Feldern, in der<br />
heißen Jahreszeit begibt man sich zu Brunnen und Quellen, um den<br />
Wasserbedarf zu decken, die Kühlschränke und Speisekammern füllen sich mit<br />
dem, was man selbst geschlachtet oder eingelegt hat Wohl auch, weil die eigene<br />
Bewältigung des Alltags so schwierig ist, bewundert man Konsummöglichkeiten,<br />
die man hauptsächlich über die Fernsehbildschirme kennenlernt Während man<br />
auf der Konsumebene dem westlichen Lebensstil oder dem, was man dafür hält,<br />
nachstrebt, sind demokratische Kultur, Rechtsstaatlichkeit oder Zuverlässigkeit<br />
staatlicher Institutionen bisher nicht konsequent verwirklicht worden.<br />
Insgesamt scheint die postsozialistische rumänische Gesellschaft noch auf der<br />
Suche nach einer eigenen Identität zu sein. Der im Land seit der Staatsgründung<br />
stets virulente Nationalismus treibt neue, bisweilen groteske Blüten. Der Bürgermeister<br />
von Klausenburg/ Cluj-Napoca/ Kolozsvar, einer Universitätsstadt mit<br />
über zwanzigprozentigem ungarischen Bevölkerungsanteil, hat dekretiert, dass<br />
die Straßenpolier, Parkbänke und Abfallkörbe in den rumänischen Nationalfarben<br />
gelb, rot und blau zu streichen sind. Wen das Wegwerfen von Abfall nicht<br />
an das Nationalgefühl gemahnt, den erinnern Tafeln an allen Ortseingängen<br />
daran, dass die Sprache in Rumänien, dem Land der Rumänen, rumänisch ist.<br />
Einer der Punkte für eine neue rumänische Identitätsbildung scheint auch die<br />
„traditionelle Volkszivilisation", die „tausendjährige Zivilisation der Vorfahren"<br />
zu sein, die voller Stolz im Astra-Museum bei Hermannstadt/ Sibiu präsentiert<br />
wird, einem der größten Freilichtmuseen Europas. 9 Auch das Mittelalter dient,<br />
was uns Süddeutschen nicht ganz fremd ist, 10 als Projektionsfläche. Allerorten<br />
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