Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...
Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...
Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Eine epochemachende Erfindung<br />
ZEICHEN DER ZEIT<br />
Gänzlich andere Möglichkeiten der Zeitmessung waren ab dem Moment gegeben,<br />
in dem das Prinzip der Uhrwerkhemmung entdeckt war. Gemeint ist hiermit<br />
ganz allgemein ein Mechanismus, der den Antrieb einer Uhr in der Weise bremst<br />
beziehungsweise regelt, dass ein gleichmäßiger Ablauf auf der Grundlage eines<br />
Zeitnormals gewährleistet ist. Gängige frühe Formen zur Lösung des Problems<br />
geschahen mit Hilfe eines Waagbalkens oder eines Steigrades, die die bereits<br />
bekannten Komponenten Gewichtsantrieb, Zahnräder und Schlag- bzw. Zeigerwerk<br />
ergänzten.<br />
Jedoch So bedeutend die dadurch hervorgerufenen Umwälzungen für die<br />
Kulturgeschichte auch waren, so sehr liegen Ort, Zeit und Umstände des Aufkommens<br />
der mechanischen Uhr oder Räderuhr im Dunkeln. Der Akt der<br />
Erfindung der Uhrwerkshemmung vollzog sich also offenkundig unspektakulär<br />
und ohne großes öffentliches Aufsehen zu erregen. Fest stehen dürfte aber<br />
zumindest soviel, dass nach eher vorsichtiger Schätzung aufgrund einzelner<br />
Textbelege das Aufkommen der mechanischen Uhr auf die Zeit nach 1330 zu<br />
datieren ist. Als Erfinder wurden wiederholt bestimmte Personen aus verschiedensten<br />
Jahrhunderten - vom Erzbischof von Verona über den späteren<br />
Papst Silvester II. bis hin zum Benediktiner Wilhelm von Hirsau - in Betracht<br />
gezogen, plausibel jedoch ist letzten Endes keine dieser Thesen. 5 Immerhin: Der<br />
Durchbruch könnte sich einmal mehr im klösterlichen Bereich vollzogen haben.<br />
Einige Hinweise wie auch der Verlauf der Verbreitung legen ferner die<br />
Vermutung nahe, dass die Räderuhr zu Beginn des 14. Jahrhunderts von oberitalienischen<br />
Großstädten aus ihren Siegeszug angetreten und in der Folge auch<br />
die wichtigen Residenzen erobert haben dürfte. Die erste große Beschaffungswelle<br />
dauerte bis etwa 1410 an; um 1450 setzte in Europa eine Phase relativ<br />
flächendeckender Versorgung ein. 6 Überdies war der Export der Technik in den<br />
nahen und fernen Osten zu dieser Zeit längst im Gange.<br />
Eine weitere einschneidende Neuerung war die Etablierung der modernen<br />
Stundenrechnung: Hatten anfangs noch verschiedene Systeme von lokal<br />
begrenzter Gültigkeit nebeneinander existiert, so setzte sich doch die uns<br />
vertraute Spielart der 24-Stunden-Zählung durch, die durch die Datumsgrenze in<br />
der Mitte der Nacht sowie durch Unabhängigkeit vom Lichttag und somit durch<br />
eine konstante Stundenzahl und eine über das Jahr hinweg gleichbleibende<br />
Stundendauer charakterisiert ist. Jetzt waren also Stunden unterscheidbar und<br />
damit Zeitpunkte benennbar geworden. Gegenüber früher gängigen Techniken<br />
61