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Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...

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ALEVITEN<br />

lebendig. 30<br />

Das Alevtentum - Opfer derModernisierung<br />

Dieser historische Hintergrund beständiger Verfolgung und staatlicher<br />

Diskriminierung erklärt einerseits die Opposition vieler Aleviten gegenüber dem<br />

sunnitisch geprägten Osmanischen Reich und der Türkischen Republik,<br />

andererseits die bis in die 1980er Jahre hinein öffentlich kaum wahrnehmbare<br />

Präsenz von Aleviten in der Türkei, da diese ihre Religion nur im Geheimen<br />

praktizieren konnten. Hinzu kamen seit den 1940er Jahren Auswirkungen der<br />

Modernisierung in der Türkei - Mechanisierung der Landwirtschaft, Landflucht,<br />

Industrialisierung, Verstädterung, Binnenwanderung -, welche die zuvor enge<br />

Bindung des eingeweihten alevitischen Klerus (der Dedes und Babas) zu den<br />

Gläubigen aufweichten und viele alevitische Praktiken innerhalb der Bevölkerung<br />

in Vergessenheit gerieten ließen. Innerhalb der Aleviten selbst führte seit den<br />

1960er Jahren eine zunehmend marxistische Orientierung unter den jüngeren<br />

Bevölkerungsschichten zu einer generellen Abwehr alles Religiösen, der<br />

Diskriminierung traditioneller religiöser Amtsträger und dem zeitweiligen<br />

Niedergang alevitischer religiöser Betätigung.<br />

DkRenaissariœdesAlevitenturris<br />

Eine umgekehrte Entwicklung setzte in den 1980er Jahren sowohl in der Türkei<br />

als auch unter tiirkischstänimigen Zuwanderern in Deutschland ein: Aleviten<br />

wagten es erstmals, sich öffentlich zu äußern und gründeten Kulturassoziationen,<br />

welche eher von weltlich orientierten Anhängern als von traditionellen religiösen<br />

Autoritäten getragen wurden. In Deutschland funktionieren diese z.B. gemäß<br />

dem hiesigen Vereinsrecht. In den 1990 Jahren stieg die Zahl alevitischer Kulturzentren<br />

in Deutschland dramatisch an. In der Almanya Alevi Biriikleri Federasyonu<br />

(Föderation der alevitischen Gemeinden in Deutschland) sind inzwischen 95<br />

solcher Zentren organisiert Daneben gibt es auch eigene kurdisch-alevitische<br />

Zentren. Ein Anlass für dieses vermehrte öffentliche Bekenntnis und die<br />

politische Organisation von Aleviten sowohl in der Türkei als auch in Deutschland<br />

war das Massaker von Sivas im Jahre 1993, bei dem 33 Aleviten während<br />

eines Kulturfestivals von rnilitanten Sunniten ermordet wurden. 31 Die alljährlich<br />

im August im traditionellen Zentrum des Bektashi-Ordens in Hacibektasköy<br />

stattfindenden Feiern zu Ehren des Heiligen entwickeln sich immer mehr zu<br />

34

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