Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...
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RELIGIÖSE IDENTITÄT<br />
Religiöse Identität<br />
Syrisch-orthodoxe Christen in der Diaspora 1<br />
von Christiane Lembert-Dobler<br />
Religiöse Identität - kulturelle Identität<br />
In den letzten zehn Jahren hat sich das Wort „Identität" in unserer Sprache und<br />
in wissenschaftlichen Diskursen fast epidemisch ausgebreitet, „ist zum<br />
schillernden Konzept geworden." 2 Individuen sind auf der Suche nach ihrer<br />
Identität, Unternehmen schaffen sich eine 'corporate identity'. Minderheiten<br />
beharren auf kultureller Identität und fordern deren Anerkennung. 3 Die Annahme<br />
einer wahren Identität, die eine sog. Ich-Übereinstimmung oder<br />
vollkommene Gleichheit in Bezug auf Dinge oder Personen und eine gewisse<br />
Statik impliziert, wandelte sich zu der Vorstellung von multiplen Identitäten. Was<br />
„bis vor kurzem nur pathologisch vorstellbar [war], wird nicht nur in Subkulturen<br />
salonfähig, sondern zunehmend zum Entwurf von Normalität [...]. Nicht mehr<br />
das rigide 'entweder-oder' gilt, sondern ein relativierendes 'sowohl-als-auch'." 4<br />
Identität entwickelt sich in der Interaktion mit dem Anderen, d.h. das Selbstbewusstsein<br />
oder Identitätsbewusstsein formt sich in einem Prozess der Beeinflussung<br />
und der Kooperation mit konkret Anderen. Diese Anderen prägen als<br />
Mitglieder organisierter, gesellschaftlicher Gruppen wie der Familie oder<br />
ethnischer und sozialer Gruppen, das „andere Ich". „In dem anderen Ich des<br />
Individuums", so Ina-Maria Greverus, „lebt gewissermaßen die Haltung des<br />
verallgemeinerten Anderen." 5<br />
Somit scheinen sich verschiedene „Ichs" unterscheiden zu lassen: das eigene Ich<br />
oder die Ich-Identität, die ganz personal gebunden ist und in Pass, körperlichen<br />
Merkmalen, Geschlecht oder angeborenen Charakteristika manifestiert wird<br />
Und die anderen Ichs, die im Laufe der Sozialisation des Individuums in Abstammung,<br />
Familie, Sprache, Religion, Bräuchen, Tradition, Beruf, Hobbies, usw.<br />
zum Ausdruck kommen und die das Individuum wiederum mit anderen teilt.<br />
Ich möchte an dieser Stelle nicht tiefer in die Problematik der unterschiedlichen<br />
Identitäten wie kollektiver, kultureller, nationaler oder ethnischer Identität<br />
einsteigen, sondern explizit die Religion als identitätsstiftendes Merkmal eines<br />
Individuums und einer Gruppe herausgreifen. Religiöse und kulturelle Identität -<br />
Religion und Kultur - lassen sich nicht leicht voneinander trennen. Bestimmte<br />
Glaubensvorstellungen gehören zu den Säulen einer Kultur, prägen eine Ethnie<br />
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