Augsburger Volkskundliche Nachrichten - OPUS Augsburg ...
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ALEVITEN<br />
Für eine national-albanische Ausrichtung ihrer Religionsgemeinschaft schien unter<br />
den Bektashi-Anhängern bereits eine breite Basis vorhanden gewesen zu sein.<br />
Weiterhin verstärkte sich mit dem Verbot aller Derwischorden in der türkischen<br />
Republik die schon bestehende Tradition Albaniens als eines Rück-zugsgebietes<br />
des Bektashitums. Die oben beschriebene, schrittweise Aneignung der<br />
usprünglich fremden Religionsform des Bektashitums und ihre Vermischung mit<br />
eigenen, volksreligiösen Elementen durch Albaner fand ihren vorläufigen<br />
Abschluss in den Jahren 1927-1929, als nach dem Verbot aller Sufi-Orden in der<br />
Türkei das Weltzentrum (Kryegyshat) der Bektashi nach Tirana verlegt wurde und<br />
der letzte albanische Baba Niyazi Dede aus Hacibektasköy in die albanische<br />
Hauptstadt übersiedelte. In den Jahren 1921 bis 1950 gaben sich die albanischen<br />
Bektashi im Zuge von fünf Konventen eigene Statuten im Einklang mit den<br />
religionspolitischen Vorgaben des albanischen Königreiches und versuchten, den<br />
Wandel „von einem osmanischen Derwischorden zu einer Religionsgemeinschaft<br />
der neuen albanischen Nation" zu vollziehen. Unter anderem wurden die turkoarabischen<br />
Rangbezeichnungen des Ordens durch albanische Terniim ersetzt.<br />
Die Bektashis errichteten eine Organisation mit Diözesen, blieben aber formell<br />
den sunnitischen Moslems des Landes unterstellt und konnten sich erst 1945 als<br />
unabhängige Religionsgemeinschaft etablieren. 51<br />
Das weitere Schicksal der Bektashi gestaltete sich in enger Abhängigkeit von der<br />
wechselvollen Geschichte des jungen albanischen Staates: nach der Interimsregierung<br />
des deutsclistämmigen Prinzen von Wied und der „Königsdiktatur"<br />
unter Ahmet Zogu (1927-39) erfolgte im Jahre 1941 die italienische Besatzung,<br />
welcher eine Phase intensiver Beeinflussung durch das Mussolini-Regime jenseits<br />
der Adria vorausgegangen war. In der Endphase des 2. Weltkrieges schließlich<br />
okkupierten Truppen des nationalsozialistischen Deutschlands das Land. Nach<br />
dem militärischen Sieg der kommunistischen Partisanen unter Enver Hoxha<br />
wurde die albanische Volksrepublik errichtet, welche eine phasenweise gesteigerte<br />
Politik der vollständigen Abschottung gegenüber Jugoslawien, dem Westen<br />
und ab 1985 schließlich auch gegenüber allen anderen sozialistischen Staaten verfolgte.<br />
Diese Periode der fast vollständigen Isolation dauerte bis zur Öffnung des<br />
Landes im Jahre 1991 an.<br />
Die Bektashiyewahrend des Hoxha-Regmes<br />
Während der italienisch-deutschen Besatzung hatten Bektashi-Anhänger an<br />
verschiedenen Widerstandsgruppen - sowohl der nationalen Balli Kombetar als<br />
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