Verfall von Arbeitszeit in indirekten Tätigkeitsbereichen - IMU Institut
Verfall von Arbeitszeit in indirekten Tätigkeitsbereichen - IMU Institut
Verfall von Arbeitszeit in indirekten Tätigkeitsbereichen - IMU Institut
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>IMU</strong><br />
noch Anpassungsstrategien für Beschäftigte das Dilemma zwischen Selbststeuerung<br />
und steigender <strong>Arbeitszeit</strong> lösen.<br />
3.5.2 Vere<strong>in</strong>barkeit <strong>von</strong> Erwerbstätigkeit und Privatleben<br />
Die <strong>Arbeitszeit</strong> ist nicht nur für die Arbeitswelt, sondern für viele alltägliche<br />
Bereiche e<strong>in</strong> zentraler Taktgeber (L<strong>in</strong>ne 1999: 26). Doch durch längere und flexiblere<br />
<strong>Arbeitszeit</strong> wird die Trennung <strong>von</strong> Erwerbstätigkeit und Privatleben zunehmend<br />
unklarer. <strong>Arbeitszeit</strong>wünsche <strong>von</strong> Vollzeitbeschäftigten gehen eher <strong>in</strong><br />
Richtung e<strong>in</strong>er kürzeren tatsächlichen <strong>Arbeitszeit</strong> als vertraglich vere<strong>in</strong>bart, sie<br />
liegen nach der Beschäftigtenbefragung des DGB-Index Gute Arbeit bei 38 Wochenstunden.<br />
Teilzeitbeschäftigte wünschen dagegen e<strong>in</strong>e eher längere <strong>Arbeitszeit</strong><br />
<strong>von</strong> durchschnittlich 28 Stunden pro Woche, die 5 Stunden über der<br />
vertraglich vere<strong>in</strong>barten und 2 Stunden über der tatsächlichen <strong>Arbeitszeit</strong> liegt<br />
(Fuchs 2008: 37). Vollzeitbeschäftigte Frauen s<strong>in</strong>d rund 42 Stunden/Woche erwerbstätig<br />
und streben eher nach e<strong>in</strong>er etwas kürzeren Zeit als tariflich vere<strong>in</strong>bart,<br />
vollzeitbeschäftigte Männer arbeiten rund 46 Stunden/Woche und vollen<br />
etwa auf den vere<strong>in</strong>barten Umfang reduzieren 13 . Die Diskrepanz zwischen<br />
tatsächlicher und gewünschter <strong>Arbeitszeit</strong> weist darauf h<strong>in</strong>, dass die Vere<strong>in</strong>barkeit<br />
der Erwerbstätigkeit mit dem Privatleben 14 bei langer <strong>Arbeitszeit</strong> immer<br />
schwieriger wird. Insbesondere das Zusammenleben mit K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Haushalt führt zu niedrigeren <strong>Arbeitszeit</strong>wünschen (Gröz<strong>in</strong>ger; Matiaske;<br />
Tobsch 2008: 96).<br />
Noch immer herrscht bei hoch qualifizierten Tätigkeiten und Führungspositionen<br />
das Postulat entgrenzter <strong>Arbeitszeit</strong> vor, die weit über übliche Vollzeit h<strong>in</strong>ausgeht.<br />
Une<strong>in</strong>geschränkte Verfügbarkeit für den Betrieb – die <strong>in</strong>sbesondere<br />
als unvere<strong>in</strong>bar mit Fürsorgetätigkeiten gilt – wird noch immer als Maßstab hoher<br />
Leistungsorientierung und als Voraussetzung für die Tätigkeit <strong>in</strong> Führungspositionen<br />
gesehen (Koch 2008 und Kadritzke o. J.: o. O.). Nach Ergebnissen<br />
des Mikrozensus leisten Männer häufiger Mehrarbeit als Frauen (14 % der<br />
männlichen abhängig Beschäftigten, 7 % der weiblichen abhängig Beschäftigten,<br />
Schmidt 2007: 45). Die gerade hoch qualifizierten Beschäftigten e<strong>in</strong>geräumten<br />
Möglichkeiten zur Selbststeuerung ihrer <strong>Arbeitszeit</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />
an betrieblichen Erfordernissen ausgerichtet – dies „steht … <strong>in</strong> scharfem Kontrast<br />
zu den zahlreichen Selbstdarstellungen und Imagekampagnen der Unter-<br />
13 Andere Untersuchungen kommen auf e<strong>in</strong>e gewünschte <strong>Arbeitszeit</strong> <strong>von</strong> etwa 34,5 Stunden<br />
pro Woche unabhängig <strong>von</strong> der tatsächlichen <strong>Arbeitszeit</strong> (Gröz<strong>in</strong>ger; Matiaske; Tobsch<br />
2008: 96).<br />
14 Als „Privatleben“ wird hier die gesamte Zeit außerhalb der Erwerbstätigkeit verstanden. Besondere<br />
Schwierigkeiten der Vere<strong>in</strong>barkeit bestehen für Personen mit Familie (K<strong>in</strong>dern oder<br />
pflegebedürftige Angehörige), über diesen Personenkreis h<strong>in</strong>aus wird jedoch als Ausgleich<br />
steigender Leistungsanforderungen <strong>in</strong> der Erwerbstätigkeit zunehmend für alle die Verwirklichung<br />
der <strong>in</strong>dividuellen „work-life-balance“ gefordert.<br />
15