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Erwin Schrödinger - <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Leben</strong>? 15<br />
das Durcheinander zu. Aus Ordnung wird spontan Unordnung.<br />
Bei Lebewesen hingegen scheint der zweite Hauptsatz nicht<br />
zu greifen. Ihnen gelingt es – vor allem hinsichtlich der Vererbung<br />
mit Hilfe der Gene – aus Ordnung wiederum Ordnung<br />
zu schaffen. Und damit nicht genug. Im Laufe der Evolution<br />
bringt die Natur höhere Lebewesen hervor, es gelingt ihr also<br />
sogar, aus Ordnung noch mehr Ordnung entstehen zu lassen.<br />
Schließt dies nun eine physikalische Erklärung des <strong>Leben</strong>s<br />
aus?<br />
Die Konzepte »Entropie« und »Evolution« waren etwa zur<br />
gleichen Zeit (in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts) in<br />
dem jeweiligen Wissenschaftsbereich aufgetaucht. Der Physiker<br />
Boltzmann, der Darwins Erkenntnisse bezüglich der Evolution<br />
als wichtigste Entdeckung seiner Zeit feierte, sah hier<br />
schwierige (aber lösbare) Probleme für seine Wissenschaft<br />
voraus, und er wußte, daß sein Vorschlag, den Daseinskampf<br />
der Lebewesen als ein Ringen um Entropie zu bezeichnen,<br />
die durch den Energiefluß von der Sonne zur Erde verfügbar<br />
wird, nur die Oberfläche der Schwierigkeiten illustrierte (Boltzmann,<br />
1979).<br />
Auf den ersten Blick lassen sich Lebewesen nicht mit dem<br />
Zweiten Hauptsatz in Übereinstimmung bringen, und so stellte<br />
sich ganz automatisch die Frage, ob für sie ein »anderes Gesetz<br />
der Physik« gilt. Schrödinger versuchte nun in seinen Dubliner<br />
Vorlesungen, das Problem dadurch in den Griff zu bekommen,<br />
daß er sagte, <strong>Leben</strong> ernähre sich von »negativer Entropie«.<br />
Damit beschrieb er allerdings nur zum Teil die Tricks<br />
des <strong>Leben</strong>s, denn dies kann auch jedes System von Enzymen.<br />
Es handelt sich dabei um molekulare Katalysatoren, die in<br />
Lebewesen chemische Reaktionen in Gang setzen, bei denen<br />
die freie Energie zunimmt. Doch die Moleküle allein leben<br />
bekanntlich nicht.<br />
Das Problem der Ordnung <strong>ist</strong> heute von einem sehr allgemeinen<br />
Ansatz her begreifbar geworden. <strong>Leben</strong> steht nicht mit<br />
den physikalischen Gesetzmäßigkeiten in Konflikt. Den Arbeiten<br />
von Ilya Prigogine und seiner Gruppe verdanken wir die<br />
Erkenntnis, daß <strong>Leben</strong> nur weit entfernt von einem thermo-