Was ist Leben - Online Media Server
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Erwin Schrödinger - <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Leben</strong>? 94<br />
Wird als erwiesen angenommen, daß die seltenen natürlichen<br />
Mutationen zufälligen Schwankungen der Wärmebewegung<br />
zuzuschreiben sind, so dürfen wir es nicht erstaunlich finden,<br />
wenn es der Natur gelungen <strong>ist</strong>, die sinnreiche Auswahl von<br />
Schwellenwerten zu treffen, die notwendig <strong>ist</strong>, um Mutationen<br />
selten zu machen. Wir sind ja oben zum Schluß gekommen,<br />
daß häufige Mutationen der Evolution abträglich sind. Individuen,<br />
welche durch Mutationen eine Genkonfiguration von<br />
ungenügender Stabilität erhalten, werden geringe Aussichten<br />
haben, ihre »ultraradikale«, rasch mutierende Nachkommenschaft<br />
lang überleben zu sehen. Die Art wird von ihnen befreit<br />
und infolgedessen durch die natürliche Zuchtwahl stabile Gene<br />
anhäufen.<br />
49. Die bisweilen geringere Stabilität von Mutanten<br />
<strong>Was</strong> die Mutanten betrifft, welche in unsern Züchtungsversuchen<br />
vorkommen und die wir in ihrer Eigenschaft als Mutanten<br />
zum Studium ihrer Nachkommen benutzen, so besteht<br />
natürlich kein Grund zu der Erwartung, daß alle eine sehr<br />
hohe Stabilität zeigen. Sie sind ja noch nicht »erprobt«; falls<br />
eine Erprobung doch stattgefunden hat, so sind sie in den<br />
wilden Arten »verworfen« worden – wahrscheinlich wegen zu<br />
hoher Mutabilität. Auf jeden Fall überrascht es uns ganz und<br />
gar nicht zu erfahren, daß einige Mutanten tatsächlich eine viel<br />
höhere Mutabilität zeigen als die normalen »wilden« Gene.<br />
50. Die Temperatur beeinflußt unstabile Gene<br />
weniger als stabile<br />
Damit können wir unsere Mutabilitätsformel, t = τe W/kT , auf die<br />
Probe stellen. (Man wird sich erinnern, daß t für die Wartezeit<br />
bis zu einer Mutation von der Schwellenenergie W steht.) Wir<br />
fragen: Wie ändert sich t mit der Temperatur? Aus der genannten<br />
Formel ergibt sich ohne Schwierigkeit und mit einem guten