Was ist Leben - Online Media Server
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Erwin Schrödinger - <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Leben</strong>? 91<br />
46. Die Mannigfaltigkeit des in den Miniaturcodes<br />
komprimierten Inhalts<br />
Es wurde oft gefragt, wie dieses winzige Stückchen Substanz,<br />
der Kern des befruchteten Eies, einen ausgeklügelten Schlüssel<br />
enthalten kann, der die ganze zukünftige Entwicklung des<br />
Organismus in sich birgt. Eine wohlgeordnete Verbindung von<br />
Atomen, die genügend Widerstandskraft besitzt, um sich dauernd<br />
in ihrer Ordnung zu erhalten, scheint das einzig denkbare<br />
stoffliche Gefüge zu sein, das eine Vielfalt möglicher (»isomerer«)<br />
Anordnungen bietet, die groß genug <strong>ist</strong>, um ein kompliziertes<br />
System von »Bestimmungselementen« innerhalb eines<br />
eng begrenzten Raumes aufzunehmen. In der Tat braucht die<br />
Zahl der Atome in einer solchen Struktur nicht sehr groß<br />
zu sein, um eine beinahe unbegrenzte Zahl möglicher Anordnungen<br />
zu gestatten. Man stelle sich zur Erläuterung den<br />
Morsecode vor. Die zwei verschiedenen Zeichen, Punkt und<br />
Strich, gestatten in Vierergruppen bereits dreißig verschiedene<br />
Abwandlungen. Wenn man neben Punkt und Strich noch ein<br />
drittes Zeichen benützt und Zehnergruppen zuläßt, kann man<br />
29524 verschiedene »Buchstaben« bilden; mit fünf Zeichen<br />
und Gruppen bis zu 25 beträgt die Zahl 372529029846191405.<br />
Man mag einwenden, daß der Vergleich hinke, weil unsere<br />
Morsezeichen verschieden zusammengesetzt sein können (z.<br />
B. ..- und ..-) und damit ein schlechtes Analogon zur Isomerie<br />
bildeten. Um diesem Einwand zu begegnen, greifen wir aus<br />
dem dritten Beispiel nur die Kombinationen von genau 25 Zeichen<br />
heraus und auch davon nur jene, welche genau 5 von<br />
jedem der angenommenen 5 Zeichentypen (5 Punkte, 5 Striche<br />
usw.) enthalten. Eine kurze Rechnung ergibt 62 330 000 000 000<br />
Kombinationsmöglichkeiten. Die Nullen stehen für Zahlen, die<br />
zu berechnen ich mir nicht die Mühe genommen habe.<br />
Selbstverständlich wird in Wirklichkeit keineswegs »jede«<br />
Anordnung der Atomgruppe ein mögliches Molekül darstellen.<br />
Weiterhin kommt es nicht in Frage, einen Code willkürlich<br />
anzunehmen, da die Codeschrift selber der wirksame Faktor<br />
sein muß, der die Entwicklung hervorruft. Andererseits aber