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Erwin Schrödinger - <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Leben</strong>? 16<br />
dynamischen Gleichgewicht möglich <strong>ist</strong>. Wenn unter diesen<br />
Bedingungen die Produktion von Entropie minimal wird – so<br />
konnte Prigogine zeigen –, dann entsteht Ordnung, dann bilden<br />
sich sogenannte »dissipative Strukturen« (Prigogine und Stengers,<br />
1980). Und was die Zunahme der Ordnung in der Evolution<br />
an-geht, so haben die Arbeiten von Manfred Eigen hier die<br />
Kompa-tibilität mit der Physik nachgewiesen. Eigen konnte<br />
folgendes zeigen: Wenn man einem System, das die Fähigkeit<br />
hat, sich mit geringer Fehlerrate selbst zu reproduzieren, kontinuierlich<br />
Energie und Materie zuführt, dann ex<strong>ist</strong>iert in<br />
diesem offenen System eine Umsatzgröße, die einem Maximum<br />
zustrebt (Eigen, 1976). Diese Größe <strong>ist</strong> eng verwandt mit<br />
der negativen Entropie, mit der Schrödinger arbeitete. Man<br />
kann sie als Information bezeichnen.<br />
Unter Verwendung dieses Begriffs kann man nun sagen, daß<br />
mit Schrödingers Buch die Idee der Information in die Biologie<br />
Eingang fand und ihr in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts<br />
einen neuen Zugang zur Analyse der Ordnung von<br />
Lebewesen eröffnete. Schrödinger schlug zum ersten Mal die<br />
Idee eines genetischen Codes vor, er lenkte die Aufmerksamkeit<br />
der Physiker auf die physikalische Natur der genetischen<br />
Information und betonte, daß die Ordnung der Lebewesen aus<br />
der Organisation ihrer Teile zu verstehen <strong>ist</strong>.<br />
Schrödinger formulierte in seinen Vorlesungen die richtigen<br />
Fragen und stellte die Weichen, die die Biologie auf ihren<br />
erfolgreichen Weg brachten. Er konnte natürlich keine Antwort<br />
auf seine Grundfrage geben. Unter anderem deshalb<br />
nicht, weil seine Schrift einen neben der Vermehrung zweiten<br />
wesentlichen Aspekt des <strong>Leben</strong>s nur allzu kurz streift, den<br />
des Stoffwechsels nämlich. Zuwenig war damals auch über die<br />
Enzyme bekannt, die dafür zuständig sind, und allzusehr sah<br />
Schrödinger die Welt der Biologie durch Delbrücks Augen, die<br />
nur auf die Gene gerichtet waren. Heute <strong>ist</strong> klar, daß erst dann<br />
gesagt werden kann, was <strong>Leben</strong> <strong>ist</strong>, wenn man Vermehrung<br />
und Stoffwechsel in Beziehung zueinander bringt. Vielleicht<br />
haben beide sogar jeweils für sich mit dem <strong>Leben</strong> begonnen<br />
(Dyson, 1986).