Was ist Leben - Online Media Server
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Erwin Schrödinger - <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Leben</strong>? 56<br />
20. Kleine Zahlen<br />
Eine eingehende Besprechung des Zusammenhangs der stat<strong>ist</strong>ischen<br />
Physik mit den erwähnten Tatsachen – oder vielleicht<br />
sollte ich sagen, des Zusammenhangs dieser Tatsachen<br />
mit der Anwendung der stat<strong>ist</strong>ischen Physik auf die lebende<br />
Zelle – wird später folgen. Ich möchte Sie aber bereits jetzt<br />
darauf aufmerksam machen, daß 300 ÅE nur ungefähr 100 oder<br />
150 Atomd<strong>ist</strong>anzen in einer Flüssigkeit oder in einem festen<br />
Körper entsprechen. Ein Gen enthält also sicher nicht mehr<br />
als eine oder einige wenige Millionen von Atomen. Diese Zahl<br />
<strong>ist</strong> (vom n -Gesichtspunkt aus) viel zu klein, um ein geordnetes<br />
Verhalten nach den Gesetzen der stat<strong>ist</strong>ischen Physik – und<br />
das heißt nach den Gesetzen der Physik überhaupt – zu bedingen.<br />
Sie wäre auch dann zu klein, wenn allen Atomen wie in<br />
einem Gas oder in einem Tropfen die gleiche Rolle zufiele. Und<br />
das Gen <strong>ist</strong> ganz gewiß nicht gerade ein homogener flüssiger<br />
Tropfen. Es <strong>ist</strong> wahrscheinlich ein großes Proteinmolekül,<br />
in dem jedes Atom, jedes Radikal und jeder heterozyklische<br />
Ring eine individuelle, von derjenigen jedes anderen gleichen<br />
Atoms, Radikals oder Rings mehr oder weniger verschiedene<br />
Rolle spielt. Dies <strong>ist</strong> auf jeden Fall die Ansicht von führenden<br />
Genetikern wie Haidane und Darlington, und wir werden bald<br />
auf genetische Experimente hinzuweisen haben, die einem<br />
Beweis sehr nahe kommen.<br />
21. Die Beständigkeit<br />
Wenden wir uns nun zur zweiten, höchst bedeutungsvollen<br />
Frage: Welchen Beständigkeitsgrad haben die Erbfaktoren und<br />
welche Eigenschaften müssen wir dementsprechend den sie<br />
tragenden stofflichen Gefügen beimessen? Die Antwort darauf<br />
bedarf durchaus keiner besonderen Untersuchung. Die bloße<br />
Tatsache, daß wir von Erbfaktoren sprechen, we<strong>ist</strong> darauf hin,<br />
daß wir die Beständigkeit als nahezu absolut anerkennen. Wir<br />
dürfen nämlich nicht vergessen, daß das, was durch die Eltern