Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule
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Jugendliche wochentags täglich 2 ¼ St<strong>und</strong>en fern (137 Minuten) <strong>und</strong> nutzen<br />
in etwa gleichem Umfang das Internet. Dabei unterscheiden sich die<br />
Geschlechter nur geringfügig (♀ 138 Minuten; ♂ 136 Minuten).<br />
Dagegen wurden Unterschiede hinsichtlich der formalen Bildung festgestellt:<br />
Demnach sehen Gymnasiasten zwanzig Minuten weniger fern als die<br />
Realschüler <strong>und</strong> verbringen deutlich weniger ihre Freizeit mit Computer-,<br />
Konsolen- <strong>und</strong> Onlinespielen (Gymnasium: 63 min, Realschule: 82 min)<br />
(vgl. ebd., S. 27, 41). Im Blick auf die Bef<strong>und</strong>e der Tagebuch-Eintragungen<br />
differenziert sich das Bild im Bereich der Computer-, Konsolen- <strong>und</strong> Onlinespiele<br />
weiter aus: So nehmen die Gymnasiasten die Spiele weitaus häufiger<br />
zum Anlass für gemeinsame Treffen mit den Fre<strong>und</strong>en als die Realschüler.<br />
Das würde bedeuten, dass die Gymnasiasten im Sample häufiger Computerspiele<br />
offline spielen als Realschüler. Im b<strong>und</strong>esdeutschen Durchschnitt<br />
gehören jedoch nur ca. 14% zu denjenigen, die gemeinsam mit anderen<br />
offline spielen, während ca. die Hälfte aller Jugendlichen im Alltag mit<br />
anderen Internetbenutzern online zusammen spielen (vgl. JIM-Studie 2009,<br />
S. 40). Da die JIM-Studie über die Relevanz der Bildungsunterschiede im<br />
Bereich der Nutzungsfrequenz keine Angaben macht, ist die These der bildungsinduzierten<br />
Nutzungsunterschiede weiteren Untersuchungen vorbehalten.<br />
5.4.5 Resümee: Entgrenzung durch Verdopplung institutioneller<br />
Freizeit?<br />
Der Alltag der jugendlichen GanztagsschülerInnen ist Ausdruck einer Ausweitung<br />
institutionalisierter Freizeit, die Auswirkungen auf die alltägliche<br />
Lebensführung hat:<br />
Am Beispiel des Freizeitsports wird deutlich, dass Sport nicht nur zu einem<br />
wöchentlichen Bestandteil schulischer Aktivitäten gehört, sondern dass<br />
der Freizeitsport nach der Schule im Rahmen der Sportvereine eine Fortsetzung<br />
erfährt. Dieser Bef<strong>und</strong> deckt sich mit den statistischen Daten zum<br />
Freizeitverhalten im Rahmen der StEG-Studie, die nachweist, dass GanztagsschülerInnen<br />
durchschnittlich ebenso viele Vereine besuchen wie die<br />
altersgleichen SchülerInnen an der Halbtagsschule (vgl. Fischer et al. 2010,<br />
S. 39). Damit treiben GanztagsschülerInnen zwar genauso viel Sport in der<br />
Woche wie die Mehrheit der Gleichaltrigen an der Halbtagsschule, es zeigt<br />
sich jedoch im Wochenalltag eine Verdopplung institutionalisierten Freizeitsports.<br />
Dieser Zusammenhang muss im Rahmen der alltäglichen Lebensführung<br />
nicht zwingend zu einer Entgrenzung der Bereiche <strong>Familie</strong>,<br />
Schule <strong>und</strong> Peers führen. Als günstige Bedingung erwies sich, wenn neben<br />
der Zeit für Lernen <strong>und</strong> Hausaufgaben in der <strong>Ganztagsschule</strong> <strong>und</strong>/oder<br />
zuhause am Nachmittag Zeit für Regeneration, Austausch mit den Fre<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> Vereinssport blieb bis am Abend die <strong>Familie</strong>nzeit begann. Die<br />
Verdopplung von <strong>Ganztagsschule</strong> <strong>und</strong> Vereinssport wird jedoch dann<br />
problematisch, wenn Hausaufgaben- <strong>und</strong> Lernzeit mit der Regenerations-<br />
<strong>und</strong> <strong>Familie</strong>nzeit konkurrieren <strong>und</strong> damit das Wohlbefinden beeinträchtigt<br />
wird. Das verdeutlicht sich im Wochenalltag der Jungen des geb<strong>und</strong>enen<br />
Ganztagsgymnasiums in dem Maße, wie sich Hausaufgaben <strong>und</strong> Lernen auf<br />
die späten Abendst<strong>und</strong>en oder in außerschulische „Nachhilfe“-<br />
Einrichtungen verlagern. So werden den Jugendlichen zunehmend Kompe-<br />
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