22.02.2013 Aufrufe

Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

S. 249f). Gleichwohl ist die Bedingung der erweiterten Spielräume auch an<br />

Kompetenzen geb<strong>und</strong>en, nämlich diejenige der selbständigen Freizeitgestaltung<br />

bei gleichzeitig finanziellen Beschränkungen. 35<br />

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es vor allem der Umgang<br />

mit den Lernmöglichkeiten in schulischen <strong>und</strong> außerschulischen Bereichen<br />

ist, der zu Unterschieden in der Habitusentwicklung führt (vgl. Büchner<br />

1996, S. 178). Im Folgenden ist von Interesse, wie sich die milieubedingten<br />

kulturellen Unterschiede auch in der Gestaltung des Verhältnisses der <strong>Familie</strong><br />

zur Schule auswirken.<br />

2.2.2 <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Schule<br />

Der Zusammenhang <strong>zwischen</strong> sozio-ökonomischer Lage der <strong>Familie</strong>, elterlicher<br />

Bildungsaspiration <strong>und</strong> Schulerfolg scheint in der Bildungsforschung<br />

unumstritten (vgl. Merkens/Wessel 2002, Helsper/Hummrich 2005). Noch<br />

immer wirken sich sozioökonomische Ungleichheiten außerhalb der Schule<br />

weitaus stärker auf die individuellen Bildungschancen aus als die kompensierenden<br />

Einflüsse der Bildungsinstitutionen (vgl. Becker 2009). Der Einfluss<br />

der <strong>Familie</strong> auf die Bildung ihrer Kinder verliert zudem im frühen Erwachsenenalter<br />

nicht an Bedeutung, sondern wirkt auch auf die Studienabsichten<br />

<strong>und</strong> -leistungen (vgl. Andres u.a. 2007; Maaz/Watermann 2007).<br />

Die <strong>Familie</strong> besitzt daher zum einen Bedeutung als Ort der Vermittlung<br />

von Lern- <strong>und</strong> Leistungsorientierungen, die Jugendliche in ihren Selbständigkeitsentwürfen<br />

unterstützen (vgl. Zimmermann/Spangler 2001, S.<br />

462ff.). Wie die Kinder als Akteure in schulischen Prozessen auftreten, ob<br />

sie sie erdulden, erleiden oder bewältigen (vgl. Jünger 2008), ist zum anderen<br />

auch davon abhängig, wie die Eltern selbst das Verhältnis zur Schule<br />

gestalten (vgl. Lareau 2003, S. 24). Empirische Studien zeigen, dass insbesondere<br />

die kulturelle Praxis der Mittelschicht von den Lehrern anerkannt<br />

wird <strong>und</strong> ferner der normativen institutionellen Praxis entspricht (vgl.<br />

Gomolla/Radtke 2002, Lareau 2003). Das ermöglicht den Mittelschichtseltern<br />

auch stärker in die Schulangelegenheiten einzugreifen (vgl. Lareau<br />

2003, S. 249), während die Eltern unterer sozialer Schichten dazu tendieren,<br />

ihre (Schul-)Verantwortung den Lehrern zu übertragen (vgl. ebd., S. 239).<br />

35 Büchner (1996) rekonstruierte auf der Basis qualitativer Fallstudien folgende Typen der „Pas-<br />

38<br />

sung“ <strong>zwischen</strong> schulischen <strong>und</strong> außerschulischen Praktiken (vgl. ebd., S. 174ff.): (1) Weitge-<br />

hende Einheit von schulischem <strong>und</strong> außerschulischem Leben <strong>und</strong> Lernen: Dieser Typus zeigt<br />

sich, wenn in der Schule erlernte soziale <strong>und</strong> kulturelle Kompetenzen auch zu Hause zum<br />

Tragen kommen <strong>und</strong> umgekehrt. Die Freizeit dient der Ergänzung <strong>und</strong> Vertiefung schulischer<br />

Bildung. Die Eltern bieten Unterstützung bei Problemen mit Hausaufgaben. (2) Orientierung an<br />

den schulischen Normen – Freizeit als eigenständiger Bereich: Die Freizeit soll der Entspan-<br />

nung dienen <strong>und</strong> nicht unter pädagogischer Einflussnahme vonstatten gehen. Ein Zusamme n-<br />

hang mit der Schule ist auf eine gute Kooperation beschränkt. (3) Aufstieg durch Bildung: Die<br />

Freizeit gestaltet sich in Orientierung an den schulischen Gegebenheiten <strong>und</strong> Erfordernissen<br />

<strong>und</strong> soll positive Effekte im Lernverhalten mitsichbringen. Ziel ist eine Schulbildung ohne Lei s-<br />

tungsdruck, die berufliche <strong>und</strong> materielle Sicherheit garantiert. (4) Schule als notwendiges<br />

Übel – Freizeit als Gegenwelt: Vor dem Hintergr<strong>und</strong> erfahrener schulischer Defizite <strong>und</strong> Frust-<br />

ration wird der Freizeitbereich als Kompensation schulischer Leistungsanforderungen konzi-<br />

piert – ungeplant, im sozialen Nahraum stattfindend <strong>und</strong> auf wenige Aktivitäten beschränkt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!