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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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Beide Jugendliche sehen einen Gr<strong>und</strong> für die Trennung der Fre<strong>und</strong>eskreise<br />

in der wohnräumlichen Trennung von den Schulfre<strong>und</strong>Innen liegen. Dabei<br />

hat Liane H. jedoch nur den institutionell organisierten Freizeitalltag im<br />

Blick, während für Richard die wohnräumliche Trennung auch Folgen für<br />

den informell organisierten Freizeitalltag hat (z.B. am Wochenende). Indem<br />

es ihm jedoch gelingt, den Schulfre<strong>und</strong> für seinen Verein zu gewinnen,<br />

werden erste Ansätze einer autonomen Bewältigungsstrategie deutlich: Mit<br />

der Integration der Peers in institutionell organisierte schulische <strong>und</strong> außerschulische<br />

Freizeitkontexte werden beide Kontexte nicht mehr als Konkurrenz<br />

zur informell organisierten Freizeit, wie z.B. dem Peer-Kontext, wahrgenommen.<br />

Über die Schilderung einer Freizeitpraxis, die zeitlich <strong>und</strong> sozial sowie<br />

innerhalb <strong>und</strong> außerhalb der Schule über wenig Räume zur Vereinbarkeit<br />

von Freizeit-, Lern- <strong>und</strong> Peeraktivitäten verfügt, dokumentiert sich nicht<br />

nur eine Orientierung an einem Freizeitideal als Integration von schulischer<br />

<strong>und</strong> außerschulischer Freizeit, sondern auch als eine Integration von Freizeit<br />

<strong>und</strong> Lernen im schulischen wie außerschulischen Freizeitkontext. Dass<br />

diese Orientierung im erlebten Freizeitalltag immer wieder scheitert, zeigt<br />

sich einerseits daran, dass die Schulfre<strong>und</strong>e von den Freizeitaktivitäten außerhalb<br />

der Schule ausgeschlossen sind, <strong>und</strong> die Freizeitaktivitäten in der<br />

Schule ohne die Schulfre<strong>und</strong>e stattfinden. Andererseits gelingt es nicht,<br />

sowohl innerhalb der Schule als auch im Elternhaus Lern- <strong>und</strong> Freizeitaktivitäten<br />

miteinander zu vereinbaren. Schulanforderungen <strong>und</strong> Freizeit in<br />

Einklang zu bringen erweist sich daher, wie die Fälle dokumentieren, als<br />

höchst stressanfällig <strong>und</strong> führt dazu, den faktischen Freizeitalltag als unzulänglich<br />

zu erfahren.<br />

5.5.5 Resümee: <strong>Ganztagsschule</strong> als Ressource integrativer<br />

Freizeitgestaltung?<br />

Die Frage, wie jugendliche GanztagsschülerInnen ihren Freizeitalltag organisieren,<br />

stellt sich aus der Perspektive der Akteure vorrangig als eine Frage<br />

der Vereinbarkeit schulischer <strong>und</strong> außerschulischer Freizeit dar: Während es<br />

den einen gelingt, ihre Freizeitinteressen autonom umzusetzen, zeigen sich<br />

bei den anderen Probleme bei der Organisation der Freizeitaktivitäten. Der<br />

Vergleich <strong>zwischen</strong> den Typen verdeutlicht die Bedeutung der <strong>Ganztagsschule</strong><br />

zum einen als Ressource zur Freisetzung außerschulischer Freizeit<br />

<strong>und</strong> als Ort der Fortsetzung der eigenen Freizeitpraktiken. Zum anderen<br />

wird sie als Verhinderung von Freizeit erfahren. Sie liefert damit nicht nur<br />

die Voraussetzungen für die Integration schulischer <strong>und</strong> außerschulischer<br />

Freizeit, sondern stellt auch eine Barriere für die Integration dar.<br />

Diese Ambivalenz der <strong>Ganztagsschule</strong> als Freizeitkontext kommt vor allem<br />

hinsichtlich des Umgangs mit den Schulanforderungen zum Tragen.<br />

Während die einen sich nach Verlassen des Schulgeländes weitgehend von<br />

den schulischen Verpflichtungen (z.B. Hausaufgaben) entb<strong>und</strong>en fühlen<br />

(Typ II <strong>und</strong> III), gelten Hausaufgaben <strong>und</strong> Lernen für die anderen weiterhin<br />

als selbstverständlicher Freizeitbestandteil, der zunehmend mit den informellen<br />

Freizeitkontexten konkurriert, wie z.B. den Peers oder der <strong>Familie</strong><br />

(Typ IV). Ähnlich verhält es sich im Hinblick auf den zweiten Aspekt, der<br />

Fortsetzung der eigenen Freizeitpraktiken im schulischen Kontext: Jugend-<br />

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