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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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Somit werden durch die kulturelle Praxis der <strong>Familie</strong> die Gr<strong>und</strong>lagen geschaffen,<br />

wie Kinder <strong>und</strong> Jugendliche den Anschluss an andere Bildungsorte<br />

<strong>und</strong> Lernwelten herstellen können <strong>und</strong> wie sie von diesen Bildungsorten<br />

(insbesondere der Schule) profitieren (vgl. Bourdieu 1983). Gr<strong>und</strong>legend<br />

für die Herstellung der Passung <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Schule ist es daher, dass<br />

die im Rahmen der <strong>Familie</strong> erworbenen habituellen Orientierungen <strong>und</strong><br />

Praktiken „in der schulischen Wirklichkeit einen Resonanzboden finden<br />

<strong>und</strong> eine Existenzberechtigung erfahren“ (Kramer 2002, S. 223) oder wenn<br />

diese Resonanz nicht erfahren wird, transformiert werden können.<br />

Exkurs: „Schulbiografische Passungsverhältnisse“<br />

Das Konzept der „schulbiografischen Passungsverhältnisse“, wie es von<br />

Kramer (2002) ausdifferenziert wurde, bezieht sich insbesondere auf das<br />

Verhältnis der Institution Schule (in ihrer jeweiligen symbolischen Ordnung)<br />

zur Lebensgeschichte der Schüler (die durch die symbolische Ordnung<br />

des Selbst strukturiert ist). Es wird davon ausgegangen, dass bereits<br />

innerhalb der familialen Beziehungsverhältnisse <strong>und</strong> kulturellen, kommunikativen<br />

Praxis der <strong>Familie</strong> sowie der vorschulischen Erfahrungen der Individuationsprozess<br />

begonnen hat. Mit dem Eintritt in die Schule sowie im<br />

Übergang in weiterführende Schulen kann sich der Rahmen für die Weiterentwicklung<br />

des Selbst verändern. Damit werden Erfahrungen möglich, die<br />

die bisherigen habituellen Orientierungen <strong>und</strong> Routinen zur Bearbeitung<br />

der Spannung <strong>und</strong> Krisen des Selbst in Frage stellen können<br />

In der Sek<strong>und</strong>arstufe bezieht sich das Passungsverhältnis nicht nur auf<br />

a) die Passung der biographischen Selbstproblematik zur Schule <strong>und</strong><br />

der habituellen Orientierungen in Auseinandersetzung mit <strong>Familie</strong><br />

oder Schule, sondern auch auf<br />

b) die subjektive Konstitution der Schule als „attraktive, alternative<br />

oder gar feindliche Lebenswelt“ (ebd., S. 247) <strong>und</strong> schließlich auf die<br />

c) bisherigen Erfahrungen in der Schule im Vergleich zu den aktuellen<br />

Erfahrungen.<br />

Die Ausformung <strong>und</strong> Bearbeitung der „Passung“ hängt jedoch in weit bedeutsameren<br />

Maße von den lebensgeschichtlich <strong>und</strong> habituell zur Verfügung<br />

stehenden Bearbeitungs- <strong>und</strong> Problemlösungsstrategien sowie ferner<br />

der sozialen Ressourcen <strong>und</strong> Netzwerke der Schüler ab. Es wird die These<br />

formuliert, dass gerade während der Adoleszenz es zu einer Dynamisierung<br />

des schulbiografischen Passungsverhältnisses kommen kann, indem strukturelle<br />

Widersprüche <strong>zwischen</strong> <strong>Familie</strong> <strong>und</strong> Schule, vor allem aber <strong>zwischen</strong><br />

Schule <strong>und</strong> Peers (erneut) thematisch werden (vgl. ebd., S. 325).<br />

Im Kontext der Ganztagsbildung ergeben sich neue Anforderungen für die<br />

Herstellung des schulbiografischen Passungsverhältnisses: „<strong>Ganztagsschule</strong>n<br />

müssen also – weil sie Heranwachsende verstärkt in die Schule einbinden<br />

– besonders sensibel auf die Passungen <strong>zwischen</strong> den zentralen familiären<br />

Milieus ihrer Schüler(innen) <strong>und</strong> der jeweiligen Schulkultur achten.“<br />

(Helsper/Hummrich 2008, S. 378). Das erfordert eine offene Haltung, gerade<br />

weil <strong>Familie</strong>n ihr soziales <strong>und</strong> kulturelles Potenzial nicht allein gemäß<br />

der Anforderungen des Bildungssystems <strong>und</strong> der angestrebten sozialen Positionen<br />

entfalten, sondern im Sinne des von uns vertretenen Begriffs der<br />

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