Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule
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lichen, sondern vielmehr universalistischen Werten aus, die auch für demokratisch<br />
organisierte Gesellschaftsordnungen gelten. Damit vertritt die<br />
Schule einen Gr<strong>und</strong>satz, der sowohl mit einer säkularisierten Gesellschaft<br />
konform geht, ohne die eigene christliche Tradition in Frage zu stellen, als<br />
auch auf einem mit der Ganztagsbildung korrespondierenden Bildungsbegriff<br />
basiert, der Bildung als Persönlichkeitsbildung begreift.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> stellt sich die Frage, wie im Rahmen des Ganztagsangebots<br />
Erziehung <strong>und</strong> eine ganzheitliche Bildung umgesetzt werden.<br />
Sie ist empirisch mittels der Analyse der Beobachtungsprotokolle zu beantworten.<br />
Eine erste Antwort gibt die Schule bereits im Rahmen ihres Schulprofils:<br />
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„Dazu [zu einer ganzheitlichen Entwicklung, R.S.] gehört auch, dass<br />
wir uns für unsere Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler Zeit nehmen, sie anhören<br />
<strong>und</strong> ihnen Vorschläge machen, wenn es darum geht, Versagens-,<br />
Schmerz- <strong>und</strong> Leiderfahrungen zu bewältigen.“<br />
Im Ganztag beansprucht die Schule, ein kollektiver Ansprechpartner<br />
(„wir“) bei Krisenerfahrungen der SchülerInnen zu sein („Versagen“,<br />
„Schmerz“, „Leid“). Als zentrale Bezugskriterien gelten dabei zum einen die<br />
Zeit für ein persönliches Gespräch <strong>und</strong> zum anderen Offenheit für das Anliegen<br />
des Einzelnen sowie Dialogbereitschaft („Vorschläge“). Das sichert<br />
die Handlungsautonomie des Einzelnen bzw. überlässt ihm die Entscheidung<br />
für einen Ausweg aus der Krise. Bildung heißt dann eine pädagogisch<br />
geleitete Hinführung zur Selbständigkeit nicht nur in fachlich relevanten<br />
Fragen, sondern auch in solchen der Persönlichkeitsbildung. Einen ähnlichen<br />
Ansatz vertritt die Schule auch in der Elternarbeit, wie das folgende<br />
Zitat aus dem Schulprofil zeigt:<br />
„Die Hauptverantwortung für die Erziehung liegt bei den Eltern; wir<br />
können sie dabei nur unterstützen. Um erfolgreich arbeiten zu können,<br />
sind wir auf die Beteiligung der Eltern unserer Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler angewiesen. Daher erwarten wir von ihnen:<br />
- aktive Mitarbeit in den Elternvertretungen<br />
- enge, hinreichende Kooperation in Fragen der Erziehung <strong>und</strong> der<br />
Wertevermittlung<br />
- Teilnahme <strong>und</strong> Aufgeschlossenheit bei Schulveranstaltungen <strong>und</strong><br />
Arbeitskreisen.“<br />
In der Frage der Erziehung werden die Eltern weiterhin als die primären<br />
Ansprechpartner <strong>und</strong> Akteure gesehen. Um die Handlungsautonomie der<br />
Eltern zu erhalten, sollen sie lediglich („nur“) unterstützt werden. Diese<br />
Einstellung bereitet den Weg für eine Zusammenarbeit, die nicht ohne eine<br />
freiwillige <strong>und</strong> „aktive“ Beteiligung der Eltern erbracht werden kann <strong>und</strong><br />
über die Gremienarbeit <strong>und</strong> Kooperation in Fragen der Schulleistungen<br />
hinausgeht. Das betrifft eine Kooperation auch in Erziehungsfragen <strong>und</strong> in<br />
Fragen der Mitwirkung bei der Gestaltung des Schullebens.