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Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule

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Zu fragen bleibt daher, ob sich diese Handlungspraxis auch im sportorientierten<br />

Freizeitkontext fortsetzt oder wie dem Konzept zufolge erwartbar<br />

ist, eine offeneren Rahmen für <strong>Bildungsprozesse</strong> bietet.<br />

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5.2.2.3.2. Der Ganztag als Gelegenheit der Erfahrung von<br />

Selbstwirksamkeit in informellen Lernprozessen<br />

Das Freizeitangebot ist weniger rigide gestaltet. Zum einen können die<br />

Teilnehmer selbst entscheiden, ob sie teilnehmen wollen. Zum anderen ist<br />

mit der Teilnahme an der Freizeitaktivität die festgelegte Zugehörigkeit zu<br />

einer Gruppe aufgehoben, während das in der Hausaufgabenzeit üblich ist<br />

<strong>und</strong> bereits durch die Raumkapazitäten vorgegeben wird.<br />

Bereits der Übergang von der Hausaufgabenzeit zum Sport- <strong>und</strong> Spielangebot<br />

ist durch eine Interaktionspraxis gekennzeichnet, die eine Wahrnehmung<br />

der ganzen Person beinhaltet:<br />

Eine Schülerin (7. Klasse) erzählt dem Betreuer auf dem Weg zur<br />

Sporthalle eine Episode, die sie mit ihrem Onkel erlebt hat. Während<br />

des Gesprächs schubsen sich beide fre<strong>und</strong>schaftlich. (Beobachtung<br />

vom 08.07.2008)<br />

In die Interaktion <strong>zwischen</strong> Betreuer <strong>und</strong> Schülerin gehen auch Themen<br />

ein, die der jeweiligen sozialen Umwelt der Schülerin entstammen. Diese<br />

Themen bzw. Erfahrungen werden zur Gr<strong>und</strong>lage eines „Gesprächs“, das<br />

unterstützt durch die non-verbale Kommunikation eine wechselseitige Bezugnahme<br />

(Reziprozität) kennzeichnet. Damit wird den SchülerInnen nicht<br />

nur eine Offenheit signalisiert, sich als ganze Person einbringen zu können,<br />

sondern diese Themen erfahren auch eine Resonanz bei den Betreuern. Das<br />

Aufgreifen lebensweltlicher Interessen setzt sich im weiteren Verlauf fort:<br />

Zwei der Jungen sitzen am Rand, weil sie ihre Sportschuhe vergessen<br />

haben <strong>und</strong> daher nicht mit Fußballspielen dürfen. Stattdessen spielen<br />

sie mit ihren Handys. Nach einer Weile spielt ein Betreuer mit, indem<br />

er einen bestimmten Klingelton immer wieder abspielen lässt. So erregt<br />

er die Aufmerksamkeit der anderen, die darüber lachen. (Beobachtung<br />

vom 08.07.08)<br />

Um in Interaktion mit den Schülern zu treten, werden neben dem eigentlichen<br />

Anlass des Treffens, dem Fußballspielen, die Interessen der Teilnehmer<br />

wahrgenommen. Indem der Betreuer auch die Aufmerksamkeit der<br />

anderen auf sich zu lenken weiß, wird der Effekt der Interaktion, miteinander<br />

Spaß zu haben, potenziert <strong>und</strong> führt schließlich dazu, auch die am Rand<br />

sitzenden Jungen in die Gemeinschaft der anderen zu integrieren. Ähnlich<br />

verhält es sich im Konfliktfall, wie das folgende Beispiel zeigt:<br />

Als zwei Mädchen in Streit geraten, weil ihre Mannschaft zu verlieren<br />

scheint, greift der Betreuer mit den folgenden Worten ein: „Jetzt zickt<br />

mal hier nicht rum. Wir sind ein Team.“ (Beobachtung vom 10.07.08)<br />

Das Verhalten wird vom Betreuer nicht sanktioniert, sondern er appelliert<br />

an ein gemeinsames Ziel („Wir sind ein Team.“), dem das individuelle Inte-

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