Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule
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hat. Die Betreuerin muss darüber lachen. Sie beginnt jedoch im weiteren<br />
Verlauf des Abfragens „mitzuraten“ <strong>und</strong> ggf. korrigierend einzugreifen.“<br />
(Fortsetzung der Beobachtungen vom 01.07.2008)<br />
Im Rahmen der Hausaufgabenzeit zeigt sich, dass die Betreuerin dann aktiv<br />
in das Hausaufgabengeschehen eingreift, wenn die Jugendlichen Verständnisprobleme<br />
signalisieren. Dabei nimmt sie sich individuell dem Jugendlichen<br />
an <strong>und</strong> zeigt ihm Strategien im Umgang mit dem Problem auf (z.B.<br />
der Vergleich mit der Erklärung des Conditionel I im eigenen Lehrbuch).<br />
Sobald jedoch die Gruppe Unterstützung anbietet, tritt die Betreuerin in<br />
den Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> moderiert allenfalls das Geschehen. Damit gelingt es<br />
ihr, die Selbständigkeit der Jugendlichen bei der Gestaltung sowohl eigeninitiierter<br />
als auch kollektiver Lernprozesse zu unterstützen <strong>und</strong> Strategien<br />
der Selbsthilfe aufzuzeigen.<br />
5.2.3.3.2. Förderung eigeninitiierter Freizeitpraktiken <strong>und</strong> sozialer<br />
Beziehungen<br />
Die Analyse der Beobachtungen im sportlich-spielerischen Bereich war<br />
ebenso wie bei den Beobachtungen während der Hausaufgabenzeit auf die<br />
Handlungspraxis gerichtet. Bereits der Übergang von der Hausaufgabenzeit<br />
in den Sportnachmittag weist auf erste strukturelle Gemeinsamkeiten hin:<br />
Wir warten vor der offenen Tür des zweiten Hausaufgabenraums, wo<br />
der Betreuer von den um ihn herum stehenden Jugendlichen gefragt<br />
wird: „Spielen wir jetzt Tischtennis?“<br />
Betreuer: „Können wir machen, ja. Ich biete zwei Euro demjenigen,<br />
der gegen mich gewinnt. Wir können ja noch Basketballbälle mitnehmen.“<br />
An den Tischtennisplatten trennt sich ein Jugendlicher von der<br />
Gruppe seiner Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> bleibt, um Tischtennis zu spielen, während<br />
die Fre<strong>und</strong>e zum benachbarten Basketballplatz gehen. (...) Ein<br />
Mädchen meint, dass sie gern Badminton spielen möchte. Daraufhin<br />
geht der Betreuer los, um die Tasche mit den Schlägern <strong>und</strong> Federbällen<br />
zu holen. (Beobachtungen vom 01.07.2008)<br />
Anhand der Episode wird deutlich, dass die Betreuer sowohl Interessen für<br />
konkrete Sportarten ernst nehmen, als auch selbst Vorschläge unterbreiten.<br />
Aktivitäten am Nachmittag werden jedoch als Gruppenaktivitäten definiert,<br />
was sich auch an der Auswahl der Sportgeräte dokumentiert: Es geht darum<br />
miteinander Sport zu treiben bzw. miteinander die Freizeit zu verbringen.<br />
In diesem Kontext der Wahlfreiheiten im Rahmen sportlicher Gruppenaktivitäten<br />
entfalten sich folgende Interaktionsmuster: Zum einen bilden<br />
sich die Gruppen nach Cliquen, zum anderen nach Interessen für eine<br />
Sportart. Dieses Muster kann durchbrochen werden, indem der Betreuer<br />
Anreize setzt, die einerseits die Jugendlichen zu einer Gegnergruppe symbolisch<br />
zusammenführen, wenn es darum geht, den Betreuer im Einzelkampf<br />
zu schlagen. Andererseits hat dieser Anreiz den Effekt, dass sich<br />
bestehende soziale Bezüge lösen, wenn sich beispielsweise Fre<strong>und</strong>e zum<br />
Zwecke der Verwirklichung eigener Sportinteressen trennen. Neben diesen<br />
Strukturierungsleistungen des Betreuers bewirken im Einzelfall die Jugend-<br />
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