Bildungsprozesse zwischen Familie und Ganztagsschule
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Lernen <strong>und</strong> Hausaufgaben keine Zeit für Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Verein bleibt, wodurch<br />
nachhaltig das Wohlbefinden beeinträchtigt werden kann.<br />
Jugendliche bedürfen daher zunehmend Kompetenzen in der selbständigen<br />
Organisation ihres Schul-, <strong>Familie</strong>n- <strong>und</strong> Freizeitalltags in Einklang mit<br />
ihren eigenen Bedürfnissen. Dabei kann die <strong>Ganztagsschule</strong> Unterstützung<br />
leisten, wie die Analyse verschiedener Handlungsorientierungen Jugendlicher<br />
bei der alltäglichen Organisation der Freizeitaktivitäten zeigt. Orientierungen,<br />
die eine Vereinbarkeit befördern, gehen einher mit einer instrumentellen<br />
Einstellung gegenüber <strong>Ganztagsschule</strong>, nach der die <strong>Ganztagsschule</strong><br />
entweder als Ressource zur Freisetzung außerschulischer Freizeit oder als<br />
Ort der Fortsetzung eigener Freizeitinteressen <strong>und</strong> -praktiken angesehen<br />
wird. Jugendliche, die diese Orientierungen besitzen, sehen demnach Freizeit<br />
nicht gleichzeitig auch als Raum für Bildung an, während gerade jene<br />
Jugendlichen, die diesen Zusammenhang in ihrer außerschulischen Freizeit<br />
als Selbstverständlichkeit betrachten, Schwierigkeiten in der Vereinbarkeit<br />
schulischer <strong>und</strong> außerschulischer Freizeit haben. Erfolgreich sind damit<br />
diejenigen Strategien, die eine Balance zum Bildungsüberhang im Freizeitalltag<br />
herstellen <strong>und</strong> gleichzeitig mit dem Besuch der <strong>Ganztagsschule</strong> eine<br />
bildungsorientierte Freizeit zu integrieren vermögen.<br />
<strong>Familie</strong> als relationaler Freizeitkontext <strong>und</strong> Ort der Kommunikation<br />
Der <strong>Familie</strong>nalltag ist gegenüber dem Einfluss der <strong>Ganztagsschule</strong> relativ<br />
resistent: Die <strong>Familie</strong>nzeiten richten sich weder nach den Zeiten der <strong>Ganztagsschule</strong><br />
(dieser Praxis entspricht auch eine Flexibilisierung der Sprechst<strong>und</strong>enzeiten<br />
des Schulpersonals), noch werden diese in die <strong>Ganztagsschule</strong><br />
verlagert. Reguläre <strong>Familie</strong>nzeiten bleiben Teil der alltäglichen Routinehandlungen<br />
der <strong>Familie</strong> im häuslichen Kontext. Vielmehr wird die <strong>Familie</strong>nzeit<br />
durch die Arbeitszeiten der Eltern, die <strong>Familie</strong>nverhältnisse <strong>und</strong> die<br />
Vereinszeiten der Jugendlichen beeinflusst, wie die Tagebucheintragungen<br />
zeigen: In der Mehrzahl der <strong>Familie</strong>n, in denen beide Eltern vollberufstätig<br />
sind, findet daher <strong>Familie</strong>nzeit am Abend (18.00 bis 20.00 Uhr) statt. Damit<br />
bestätigen die Bef<strong>und</strong>e der Tagebucherhebung zwar die Ergebnisse der<br />
StEG-Studie, nach der die <strong>Familie</strong>naktivitäten vor allem wochentags der<br />
Regeneration dienen (vgl. Züchner 2009). Sie dokumentieren darüber hinaus<br />
jedoch tendenzielle Vereinbarkeitsprobleme der folgenden Art: Obwohl<br />
die <strong>Ganztagsschule</strong> die Eltern in ihrer Betreuungsfunktion entlastet, wächst<br />
die Konkurrenz <strong>zwischen</strong> der <strong>Familie</strong> als Freizeitkontext mit anderen Freizeitkontexten<br />
wie dem Verein oder den Peers. Das betrifft auch die außerschulischen<br />
Schulanforderungen (wie z.B. Lernen), die häufig aufgr<strong>und</strong> einer<br />
Verdopplung institutioneller Freizeit in den späten Abendst<strong>und</strong>en bewältigt<br />
werden müssen.<br />
Im Kontext dieser Entwicklung tritt die <strong>Familie</strong> daher als ein informeller<br />
Bildungsort in Erscheinung, der mit einer Reihe anderer (informeller wie<br />
non-formaler) Bildungsorte koexistiert. Im Hinblick auf eine individuelle<br />
Entwicklungsförderung erweist sich jedoch die Zusammenarbeit der <strong>Familie</strong><br />
mit der Schule im Sinne einer Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungspartnerschaft als<br />
wirksam. Wie die Bef<strong>und</strong>e der vorliegenden Studie dokumentieren, wird die<br />
<strong>Familie</strong>nkommunikation bzw. das Gespräch der Eltern mit ihren Kindern<br />
über die Schulangelegenheiten bzw. über deren soziale <strong>und</strong> bildungsbezo-<br />
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