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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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1 E<strong>in</strong>leitung<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Deutschland ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wanderungsland. Die Anerkennung dieser Tatsache <strong>in</strong> der politischen<br />

Diskussion stellt e<strong>in</strong>en Paradigmenwechsel dar, denn die Transformation der<br />

deutschen Gesellschaft <strong>durch</strong> Zuwanderung, die sich seit Jahrzehnten vollzieht, wurde<br />

lange Zeit von politischen Entscheidungsträgern geleugnet <strong>und</strong> <strong>in</strong> der öffentlichen<br />

Diskussion ignoriert.<br />

Die Bevölkerungsstruktur <strong>in</strong> Deutschland ändert sich <strong>und</strong> dabei steigt nicht nur die Zahl<br />

der Migranten <strong>in</strong> absoluten Zahlen, auch ihr Anteil an der Bevölkerung <strong>in</strong>sgesamt wächst<br />

als e<strong>in</strong>e Folge des Rückgangs der deutschen Bevölkerung (vgl. Schader Stiftung 2003,<br />

S.6).<br />

Nicht erst seit Hunt<strong>in</strong>gtons These von der „heraufziehenden Ära, [<strong>in</strong> der] Kämpfe<br />

zwischen Kulturen die größte Gefahr für den Weltfrieden“ (1998, S. 531) darstellen <strong>und</strong><br />

den Anschlägen des 11. September 2001 wird der Begriff Kultur vorschnell mit „Konflikt“<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht.<br />

Derzeit wird <strong>in</strong> der Debatte um die Integration muslimischer Migranten verstärkt vom<br />

Ende der „Multikultiseligkeit“ (vgl. SZ 20./21.11.2004; Anhang 10) <strong>und</strong> der Existenz von<br />

Parallelgesellschaften gesprochen, welche sich besonders <strong>in</strong> den Migrantenquartieren<br />

der Großstädte bilden würden.<br />

Für die Urbanität dieser Städte ist jedoch das Nebene<strong>in</strong>ander <strong>und</strong> Mite<strong>in</strong>ander von<br />

Kulturen konstitutiv, wozu <strong>in</strong> zunehmend multikulturellen <strong>Nachbarschaften</strong> auch <strong>Konflikte</strong><br />

gehören. Oft beschwören politische Äußerungen oder die Berichterstattung der<br />

lokalen Medien allerd<strong>in</strong>gs den E<strong>in</strong>druck herauf, als würden sich mit der Zunahme des<br />

Anteils von Migranten <strong>in</strong> meist strukturell benachteiligten Wohnvierteln <strong>Konflikte</strong> zwischen<br />

E<strong>in</strong>heimischen <strong>und</strong> zugewanderten M<strong>in</strong>derheiten fast zwangsläufig e<strong>in</strong>stellen.<br />

Dah<strong>in</strong>ter steht jedoch vielmehr e<strong>in</strong>e Verkettung von gegenseitigen Vorurteilen, Unkenntnis<br />

<strong>und</strong> Vorbehalten auf beiden Seiten h<strong>in</strong>sichtlich anderer Formen der Lebensgestaltung.<br />

Die Multidimensionalität <strong>in</strong>terkultureller Nachbarschaftskonflikte zeigt sich an zwei<br />

Beispielen aus München. Im Stadtteil Sendl<strong>in</strong>g protestieren die Nachbarn des Islamischen<br />

Zentrums gegen dessen Ausbaupläne. Gegen Ausländer oder den Islam hätten sie<br />

nichts, so die Anwohner, sie befürchten aber e<strong>in</strong>e steigende Lärmbelästigung <strong>und</strong><br />

erhöhten Parkdruck <strong>in</strong> der Umgebung. Es solle jedoch auch „der mögliche Wertverlust<br />

der umliegenden Wohnungen <strong>und</strong> die Tatsache, dass mit dem Bau der Kuppeln die erste<br />

richtige Moschee <strong>in</strong>nerhalb des Mittleren R<strong>in</strong>gs entstehen würde“ geprüft werden (vgl.<br />

SZ 12.10.2004). Die Mitglieder des Türkisch-Islamischen Vere<strong>in</strong>s hätten am liebsten e<strong>in</strong>e<br />

„richtige Moschee mit M<strong>in</strong>arett“ <strong>und</strong> äußern <strong>ihre</strong> Enttäuschung darüber, dass <strong>ihre</strong>r<br />

Me<strong>in</strong>ung nach „die Bürger wollen, dass das Zentrum hier ganz weg kommt“ (ebenda).<br />

E<strong>in</strong> anderer sicherlich extremer Fall e<strong>in</strong>es Nachbarschaftskonflikts ist der Amoklauf e<strong>in</strong>es<br />

tschechischen Rentners, der jahrelang akribisch Buch über für se<strong>in</strong> Empf<strong>in</strong>den zu laute<br />

Vorgänge <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wohnhaus führte: wann e<strong>in</strong>e Dusche zu hören, die Haustür nicht<br />

verschlossen oder jemand zu laut war. Im Juli 2004 schoss der Mann auf drei Mitglieder<br />

der bosnischen Familie, die unter ihm wohnte. Nach Aussagen der Hausverwaltung hatte<br />

er e<strong>in</strong>en regelrechten Hass entwickelt, da sie sich se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach zu laut verhielten<br />

(vgl. SZ 28.07.2004).<br />

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