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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Analyse <strong>in</strong>terkultureller Nachbarschaftskonflikte<br />

In <strong>in</strong>dividualistischen Gesellschaften spielen <strong>Konflikte</strong> e<strong>in</strong>e wichtige Rolle, um Ziele zu<br />

erreichen. Dabei werden sie primär als Spannungen zwischen Individuen gesehen, deren<br />

Bearbeitung <strong>in</strong> der Regel im bilateralen Austausch <strong>durch</strong> eher direktes, konfrontatives<br />

Ausdiskutieren des Konflikts zwischen den unmittelbar Betroffenen erfolgt. In kollektivistischen<br />

Kulturen werden <strong>Konflikte</strong> h<strong>in</strong>gegen vorwiegend als Störungen des sozialen<br />

Systems wahrgenommen <strong>und</strong> zur Bewältigung des Konflikts eher <strong>in</strong>direkte, nicht konfrontative<br />

<strong>und</strong> multilaterale Methoden gewählt. Es gilt als erstrebenswert, die gegebene<br />

soziale Struktur zu bewahren <strong>und</strong> niemandem e<strong>in</strong>en Gesichtsverlust zuzumuten (vgl.<br />

Ropers 1999, S.72).<br />

E<strong>in</strong>e weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist die Differenz zwischen traditionalen Kulturen,<br />

worunter noch eher agrarisch geprägte, autochthone Kulturen 15 zu verstehen s<strong>in</strong>d,<br />

welche bei <strong>Konflikte</strong>n eher auf geme<strong>in</strong>schaftliche Prozesse <strong>und</strong> auf paternalistische<br />

Konzepte der Konfliktverme<strong>in</strong>dung Wert legen, <strong>und</strong> urbanisierten westlichen Kulturen.<br />

Westliche Methoden der Problemlösung konzentrieren sich positivistisch auf das Machbare<br />

<strong>und</strong> betrachten <strong>Konflikte</strong> als produktiv (vgl. Baechler 1998, S. 72).<br />

Die zentralen Unterschiede <strong>in</strong> der Wahrnehmung von <strong>Konflikte</strong>n <strong>und</strong> dem Umgang mit<br />

ihnen <strong>in</strong> verschiedenen Kulturen lassen sich <strong>in</strong> Anlehnung an Augsburger, der auch<br />

zwischen westlichen <strong>und</strong> traditionalen Gesellschaften unterscheidet graphisch darstellen:<br />

Westlich Traditional<br />

Situationsdef<strong>in</strong>iert<br />

(open options for pragmatic<br />

choice)<br />

Direkt<br />

Zweiseitig<br />

(one-to one process)<br />

E<strong>in</strong>zelangelegenheit<br />

(personal and private ownership)<br />

Kreativ<br />

Verb<strong>in</strong>dend<br />

Lösend<br />

Restrukturierend<br />

Konfliktstile<br />

Zerstörend<br />

Trennend<br />

Entfremdend<br />

Konkurrierend<br />

Geme<strong>in</strong>sames Anliegen<br />

(group ownership)<br />

Indirekt<br />

Dreiseitig<br />

(third-party process)<br />

Kulturell vorgeschrieben<br />

(conflict patterns embedded <strong>in</strong><br />

mores)<br />

Abb. 6: Kulturelle Unterschiede von Konfliktstilen<br />

Quelle: Augsburger 1992, S. 9; Eigene Übersetzung<br />

15<br />

Vollkommen autochthone Kulturen existieren eigentlich nicht mehr; die Unterscheidung beruht eher auf<br />

dem Unterschied zwischen westliche geprägter, <strong>in</strong>dustrialisierter Welt <strong>und</strong> noch eher traditionell geprägten<br />

Entwicklungsländern. So werden <strong>in</strong> der Literatur zum Beispiel afrikanische Länder als traditional bezeichnet<br />

(vgl. Baechler 1998). Şen beschreibt jedoch auch, wie Arbeitsmigranten aus der damals noch sehr landwirtschaftlich<br />

geprägten Türkei bei der Konfrontation mit der deutschen Industriegesellschaft e<strong>in</strong>en „Kulturkonflikt“<br />

erlebten (vgl. 1991, S.79f). Traditionale Kulturen s<strong>in</strong>d tendenziell auch eher als kollektivistische<br />

Gesellschaften zu sehen. Oft steigt mit zunehmender Entwicklung <strong>in</strong> Richtung Industriegesellschaft dann<br />

auch der Grad der Individualisierung (vgl. Beck 1986, S.206).<br />

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