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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Stadt <strong>und</strong> Konflikt<br />

Erklärungen politischer Akteure für <strong>in</strong>terkulturelle <strong>Konflikte</strong><br />

Ressourcenarme Gruppen überschneiden sich oft mit den Gruppen nicht-deutscher<br />

Herkunft, was laut Nothafft die Selbst- <strong>und</strong> Fremdzuschreibung ethnischer Stereotypen<br />

fördere. Sie beklagt, dass solche „zu Leerformeln geronnenen gesellschaftlichen Diskurse“<br />

über ´die Türken´ oder ´die Ausländer´ so nachhaltig funktionieren, dass soziokulturelle<br />

Mängellagen nicht als solche identifiziert <strong>und</strong> behoben würden, sondern mit<br />

dem Etikett des ´Anderen´ versehen werden. Da<strong>durch</strong> werden „selbstreflexive Prozesse<br />

der Geme<strong>in</strong>schaft bis auf weiteres suspendiert“ (1999, S. 130). Bürkner et al. kritisieren,<br />

dass <strong>in</strong> Politik <strong>und</strong> Medien, zum Teil auch <strong>in</strong> der Forschung, e<strong>in</strong> unh<strong>in</strong>terfragter Konsens<br />

über die Gültigkeit der Konflikthypothese herrsche <strong>und</strong> die Thematik stark kulturalisiert<br />

werde (vgl. 1999, S.13f).<br />

Die Erklärungsmuster politischer Akteure für die Entstehung von <strong>Konflikte</strong>n <strong>und</strong> die<br />

entsprechende Ableitung von Maßnahmen zur <strong>Lösung</strong> <strong>in</strong>terkultureller <strong>Konflikte</strong> haben<br />

e<strong>in</strong>en nicht zu unterschätzenden E<strong>in</strong>fluss auf die weitere Entwicklung e<strong>in</strong>er Stadtgesellschaft.<br />

In e<strong>in</strong>er Studie über Interethnische <strong>Konflikte</strong> im Wohnquartier untersuchen<br />

Bürkner et al., wie sehr solche Prozesse <strong>durch</strong> e<strong>in</strong>e kulturalistische Interpretation der<br />

Beziehungen zwischen Migrantenm<strong>in</strong>derheiten <strong>und</strong> gesellschaftlichen Mehrheiten<br />

geprägt s<strong>in</strong>d. „E<strong>in</strong> häufig wiederkehrendes Argumentationsmuster besteht dar<strong>in</strong>, dass<br />

soziale <strong>und</strong> ökonomische Probleme zunächst als gr<strong>und</strong>legend für die Entstehung von<br />

Gruppenkonflikten begriffen <strong>und</strong> dargestellt werden, <strong>und</strong> zwar meist dann, wenn<br />

<strong>Konflikte</strong> aus der Nähe miterlebt wurden oder die Detailprobleme aus anderen Gründen<br />

unmittelbar anschaulich waren. Sobald jedoch konkrete Erfahrungen mit <strong>Konflikte</strong>n<br />

fehlten oder die Akteure zu ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen Erklärungen vorstoßen konnten, wurde<br />

auf gängige Interpretationen <strong>in</strong> kulturellen Kategorien zurückgegriffen“ (Bürkner et al.<br />

1999, S. 24). Dies wurde als situationsgeb<strong>und</strong>ener Perspektivenwechsel bewertet:<br />

teilweise unbewusst nahmen die Akteure an, aufgr<strong>und</strong> der kulturellen Differenzen der<br />

beteiligten Gruppen müsse es unweigerlich zu <strong>Konflikte</strong>n kommen. Die „ursprünglich um<br />

rationale Differenzierung <strong>und</strong> Ursachenisolierung bemühte Argumentation [wurde] mit<br />

Hilfe von Kulturalisierungen <strong>und</strong> Ethnisierungen atmosphärisch überlagert <strong>und</strong> gefärbt“<br />

(ebenda).<br />

Zwischenfazit<br />

Es zeigte sich, dass Nachbarschaft <strong>und</strong> <strong>Konflikte</strong> eng zusammen gehören. Ursächlich ist<br />

räumliche Nähe für die <strong>Konflikte</strong> nur <strong>in</strong>sofern, als <strong>durch</strong> das enge Zusammenleben<br />

überhaupt die Möglichkeit besteht, <strong>in</strong> Kontakt mite<strong>in</strong>ander zu kommen. In den vorangegangenen<br />

Abschnitten wurde anhand verschiedener theoretischer Überlegungen die<br />

Bedeutung kultureller Unterschiede für das Zusammenleben <strong>und</strong> den Umgang mit<br />

<strong>Konflikte</strong>n aufgezeigt.<br />

Die Zuschreibung bestimmter Verhaltensweisen zu kulturellen Begründungen ist jedoch<br />

mit Vorsicht zu behandeln, da Kulturen nicht als statisch angesehen werden können <strong>und</strong><br />

<strong>durch</strong> vielfältige E<strong>in</strong>flüsse verändert werden (vgl. Kiesel 1998, S. 116). Ebenso wirken im<br />

räumlichen Zusammenleben verschiedenste Aspekte wie soziale Gegensätze <strong>und</strong> persönliche<br />

Problemlagen mit e<strong>in</strong>. Es sollte bedacht werden, dass <strong>durch</strong> die beabsichtigte<br />

Betonung kultureller Differenz –<strong>durch</strong> die Konfliktakteure oder von politischer Seite <strong>und</strong><br />

Medien- auch die Verschleierung bestehender sozialer, politischer oder ökonomischer<br />

Interessen stehen kann. Pott fordert diesbezüglich für die Migrationsforschung, verstärkt<br />

auch die sozialen Strukturen, die Ungleichheit reproduzieren zu untersuchen (vgl. 2004,<br />

S. 46).<br />

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