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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Analyse <strong>in</strong>terkultureller Nachbarschaftskonflikte<br />

expressive; <strong>in</strong> low-context communication, it is <strong>in</strong>strumental”(Avruch 1998, S. S.64).<br />

Dabei ordnet Hall die Kulturen nach Nationalitäten <strong>in</strong> diese Konzepte e<strong>in</strong>: Deutsche,<br />

Schweizer <strong>und</strong> Skand<strong>in</strong>avier s<strong>in</strong>d beispielsweise als low-context cultures zu verstehen,<br />

während Ch<strong>in</strong>esen <strong>und</strong> Japaner e<strong>in</strong>e eher <strong>in</strong>direkte kontextbezogene Kommunikation<br />

bevorzugen (vgl. Avruch 1998, S. 65).<br />

In low- context Kulturen ist die Kommunikation eher direkt: “what you hear is what you<br />

get”, woh<strong>in</strong>gegen andere Kulturen die zu vermittelnde Information selten nur verbal<br />

ausdrücken: “much is implied and <strong>in</strong>direct and is to be fo<strong>und</strong> (…) <strong>in</strong> the receiver and the<br />

sett<strong>in</strong>g” (Avruch 1998, S. 64) 13 .<br />

Deym-Soden weist darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> sehr hoher Anteil <strong>in</strong>terkultureller <strong>Konflikte</strong><br />

gerade <strong>durch</strong> e<strong>in</strong> verme<strong>in</strong>tliches Verstehen problematisiert werde. „Im Nicht-Verstehen<br />

ist klar, dass Verständigung als besondere Herausforderung noch besteht. Im verme<strong>in</strong>tlichen<br />

Verstehen wird die Illusion gehegt, man habe verstanden, es werden also ke<strong>in</strong>e<br />

weiteren Anstrengungen unternommen“ (2004, S. 150). Sie gibt e<strong>in</strong> Beispiel für solche<br />

Missverständnisse:<br />

Der Südeuropäer fängt an zu reden, während der Nordeuropäer noch nicht fertig ist mit<br />

Reden. Der Südeuropäer empf<strong>in</strong>det das als Zeichen e<strong>in</strong>es angeregten, geme<strong>in</strong>samen<br />

Gespräches woh<strong>in</strong>gegen der Nordeuropäer das als ´Nicht ausreden lassen´ wahrnimmt<br />

<strong>und</strong> verärgert ist. Die Pausen des Nordeuropäers empf<strong>in</strong>det der Südeuropäer als kalt<br />

<strong>und</strong> un<strong>in</strong>teressiert (vgl. Deym-Soden 2004, S. 150).<br />

Solche Kommunikationsunterschiede können im alltäglichen Umgang zu Verwirrungen<br />

<strong>und</strong> Missverständnissen führen, im Konfliktfall wirken sie sich möglicherweise zusätzlich<br />

kommunikationserschwerend oder eskalationsfördernd aus.<br />

4.2.3 Konfliktkulturen - wie werden <strong>Konflikte</strong> <strong>in</strong><br />

unterschiedlichen Kulturen gelöst?<br />

Neben der Bee<strong>in</strong>flussung der Kommunikation <strong>und</strong> des Umgangs <strong>durch</strong> kulturelle Differenzen,<br />

variieren auch die Reaktionen auf Verhalten, welches mit dem Wertesystem der<br />

Gruppe <strong>in</strong> Konflikt steht. Diese liegen auf e<strong>in</strong>er Skala, die von höflichem Übersehen,<br />

entschuldigen, die Person meiden bis zu gewalttätiger Rache oder Ausstoßen reicht (vgl.<br />

Deym-Soden 2004, S. 121).<br />

Ropers zieht unter anderem die von Geert Hofstede zur Unterscheidung von nationalen<br />

Kulturen entwickelten idealtypischen Dimensionen Kollektivismus-Individualismus 14 für<br />

e<strong>in</strong>e Differenzierung der Umgangsweise mit <strong>Konflikte</strong>n heran (1999, S.72).<br />

13<br />

Bei dieser E<strong>in</strong>ordnung sollen “High” <strong>und</strong> “Low context” die Endpunkte e<strong>in</strong>er Skala darstellen - es muss<br />

immer bedacht werden, dass damit nur die Extrema abgebildet werden <strong>und</strong> sich <strong>in</strong> der Realität die Mehrheit<br />

der Kulturen <strong>und</strong> dar<strong>in</strong> der Individuen dazwischen e<strong>in</strong>ordnen lassen. Auch der Kommunikationsstil von<br />

Frauen <strong>und</strong> Männern könnte tendenziell an unterschiedlichen Enden dieser Skala e<strong>in</strong>geordnet werden.<br />

14<br />

„Individualismus: repräsentiert e<strong>in</strong>e Gesellschaftsform, <strong>in</strong> der die sozialen B<strong>in</strong>dungen zwischen Individuen<br />

nicht sehr fest s<strong>in</strong>d. Von jedem wird erwartet, dass er sich nur um sich selbst oder se<strong>in</strong>e eigene, unmittelbare<br />

Familie kümmert“ (Hofstede 2001, S. 410/411).<br />

„Kollektivismus: repräsentiert e<strong>in</strong>e Gesellschaft, <strong>in</strong> der die Menschen von Geburt an <strong>in</strong> Wir-Gruppen leben,<br />

d.h. <strong>in</strong> Gruppen mit e<strong>in</strong>em starken Zusammengehörigkeitsgefühl, die ihnen das ganze Leben lang Schutz für<br />

<strong>ihre</strong> außer Frage stehende Loyalität gewähren“ (ebenda).<br />

Hofstedes Untersuchung umfasst 50 Länder. Als <strong>in</strong>dividualistische Kulturen gelten mittel- <strong>und</strong> nordeuropäische<br />

Länder <strong>und</strong> Nordamerika; als kollektivistisch südeuropäische, asiatische <strong>und</strong> mittel- <strong>und</strong> südamerikanische<br />

(vgl. Hofstede 2001, S. 70f). Für den Kontext dieser Diplomarbeit ist vor allem die E<strong>in</strong>ordnung<br />

südeuropäischer Länder <strong>in</strong>teressant, da e<strong>in</strong> Großteil der <strong>in</strong> München lebenden Migranten aus der Türkei,<br />

dem ehemaligen Jugoslawien, Griechenland <strong>und</strong> Italien stammt (vgl. Anhang 1). Zur Kritik an Hofstedes<br />

Modell siehe u.a. Avruch 1998, S. 67f.<br />

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