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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Analyse des Mediationsverfahrens<br />

Sanktionsmöglichkeiten der Verwaltung<br />

Die Mediator<strong>in</strong> im Unterkunftsfall bestand den Konfliktparteien gegenüber zunächst<br />

e<strong>in</strong>mal darauf, rechtliche Ansprüche <strong>und</strong> jegliche Druckmittel außen vor zu lassen. Sie<br />

versuchte, die Bereitschaft der Parteien für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressenbasierte <strong>Lösung</strong> zu erreichen<br />

<strong>und</strong> es stellte sich heraus, dass die Zukunft <strong>und</strong> der Verbleib der Familie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Unterkunft<br />

das Interesse war, das beiden Kontrahenten wichtig war. Auf dieser Basis wurde<br />

im Shuttle-Mediationsverfahren versucht, die rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des<br />

Wohnungsamts <strong>und</strong> dem gegenüber die Bedürfnisse der S<strong>in</strong>tifamilie gegene<strong>in</strong>ander<br />

abzuwägen <strong>und</strong> so den Rahmen für e<strong>in</strong>e <strong>Lösung</strong> abzustecken, mit der beide Seiten<br />

zufrieden se<strong>in</strong> konnten. Dieses Vorgehen war effektiv, da sich die Positionen langsam<br />

annähern konnten. Allerd<strong>in</strong>gs spielte für die Kompromissbereitschaft der S<strong>in</strong>ti-Familie<br />

vermutlich die Machtposition der Verwaltung mit <strong>ihre</strong>n Sanktionsmöglichkeiten e<strong>in</strong>e<br />

Rolle. Das Aufzeigen solcher Grenzen stellt Aussagen von Herrn Stegmüller zufolge e<strong>in</strong>e<br />

von ihm desöfteren angewendete Strategie im Umgang mit Herrn Seeger dar. Dies<br />

funktioniere, da „er merkt, dass er (...) wenn er sich e<strong>in</strong>fügt <strong>in</strong>s Gefüge, eigentlich nur<br />

Vorteile hat. Und <strong>in</strong> dem Moment, wo er aneckt <strong>und</strong> wo er halt gegen bestimmte<br />

Vere<strong>in</strong>barungen ist, dass er da sofort Ärger kriegt. Und des hat er jetzt sche<strong>in</strong>bar<br />

irgendwie begriffen.“<br />

Akzeptanz rechtlicher Gr<strong>und</strong>lagen im Widerspruch mit Interessen<br />

Im Fall „Gaststätte“ teilten sich die Mediatoren die Zuständigkeiten auf, <strong>in</strong>dem der e<strong>in</strong>e<br />

sich speziell über die rechtlichen Voraussetzungen <strong>in</strong>formierte, der andere verstärkt die<br />

Bedürfnisse der Parteien analysierte. Sie sahen die Akzeptanz der Demirs für die rechtlichen<br />

Möglichkeiten des Betriebs e<strong>in</strong>er Musikgaststätte <strong>in</strong> dieser Wohnlage als Voraussetzung<br />

für e<strong>in</strong>e weitergehende <strong>Lösung</strong> an. Durch die f<strong>in</strong>anzielle <strong>und</strong> psychologisch-soziale<br />

Situation fiel es Frau Demir jedoch schwer, diese rechtlichen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>zuhalten.<br />

Ebenso g<strong>in</strong>g sie nicht auf die von Herrn Borchert vorgeschlagenen <strong>Lösung</strong>smöglichkeiten<br />

wie zum Beispiel die Verlegung der Musikdarbietungen auf den frühen Abend oder die<br />

Suche nach e<strong>in</strong>er anderen Lokalität e<strong>in</strong>.<br />

Auch nach dem Abbruch der Mediation konnte sich jedoch die klar gegen die Gaststätte<br />

stehende Rechtsposition nicht als wirksame Machtposition erweisen, da Herr Aschauer<br />

nicht e<strong>in</strong>griff <strong>und</strong> die Eigentümergeme<strong>in</strong>schaft ohne se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>verständnis nichts gegen die<br />

Gaststätte unternehmen konnte. Die lange Dauer des Konflikts <strong>und</strong> der ergebnislose,<br />

langwierige Briefwechsel mit zuständigen Stellen wirken sich zusätzlich demotivierend<br />

aus. Diese Schritte stellen ansche<strong>in</strong>end ke<strong>in</strong> ernstzunehmendes Druckmittel für die<br />

Demirs dar, solange sie ke<strong>in</strong>e weiteren E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> Kauf nehmen müssen.<br />

Beharren auf Rechtsanspruch blockiert Teilnahmebereitschaft<br />

Im Jugendzentrumsfall gab es für die Mediatoren <strong>durch</strong> die Nichtteilnahme der Nachbarn<br />

ke<strong>in</strong>e Möglichkeit, e<strong>in</strong>e Verhandlung zu beg<strong>in</strong>nen. Auch hier geben die rechtlichen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen wie im Gaststättenfall von vornhere<strong>in</strong> den Rahmen vor. Nach Me<strong>in</strong>ung<br />

mehrerer Akteure waren die Nachbarn nicht zu Kompromissen oder Abstrichen von<br />

dieser Rechtsposition bereit: „Die sagen, hier, das ist der Punkt, h<strong>in</strong>ter den geh´ ich<br />

nicht zurück, das ist die Macht <strong>und</strong> der Paragraph ist machtgegossen, <strong>und</strong> dieses<br />

Instrument haben die Nachbarn benutzt“, wie e<strong>in</strong>e Mediator<strong>in</strong> es ausdrückt.<br />

Nur im Unterkunftsfall gelang es <strong>in</strong> gewisser Weise, die <strong>Lösung</strong>smöglichkeiten über die<br />

Möglichkeiten des Rechtwegs h<strong>in</strong>aus zu erweitern. In beiden anderen Fällen zeigte sich,<br />

dass die Durchsetzung der Interessen der Pächter <strong>und</strong> der Jugendlichen <strong>durch</strong> rechtliche<br />

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