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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Drei Fallbeispiele - Konfliktbiographien<br />

dar<strong>in</strong> sehen. Auch auf der anderen Seite nimmt nur Herr Yildirim mit Bevollmächtigung<br />

von Frau Demir teil, da sie selbst krank ist <strong>und</strong> ihr Sohn sich <strong>in</strong> der Türkei aufhält. Es<br />

kommt zu e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barung, die von den Beteiligten unterzeichnet werden soll. Frau<br />

Demir weigert sich, die Übere<strong>in</strong>kunft zu unterzeichnen, <strong>und</strong> es kommt nach Schriftwechsel<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Telefonat zur Beendigung der Mediation <strong>durch</strong> die Mediatoren.<br />

Situation im Sommer 2004<br />

Die Situation im Haus ist <strong>in</strong>sgesamt angespannt, aber ruhig <strong>und</strong> abwartend. Herr<br />

Borchert macht e<strong>in</strong>en Weiterqualifikationskurs <strong>und</strong> versucht, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wohnung e<strong>in</strong>e<br />

kostenlose Lautstärkemessung e<strong>in</strong>er anerkannten Stelle zu bekommen. Er hat mit Herrn<br />

Yildirim <strong>und</strong> Frau Demir e<strong>in</strong>e Übere<strong>in</strong>kunft, die sich aus den Überlegungen im Rahmen<br />

der Mediation ergeben hat: Borchert erklärt er sich bereit, Livemusik bis 12 Uhr nachts<br />

zu erdulden <strong>und</strong> dafür e<strong>in</strong>e Kompensation von mehreren H<strong>und</strong>ert Euro pro Monat zu<br />

bekommen 65 . Diese Vere<strong>in</strong>barung läuft nicht vollkommen reibungslos, Herr Borchert<br />

„läuft se<strong>in</strong>em Geld h<strong>in</strong>terher“ <strong>und</strong> muss die Pächter desöfteren ermahnen, sich zeitlich<br />

an die Abmachung zu halten. Diese s<strong>in</strong>d unzufrieden, weil er <strong>ihre</strong>r Aussage nach immer<br />

mehr Geld fordert <strong>und</strong> sie unter Druck setzt. Vater <strong>und</strong> Sohn Demir s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Türkei,<br />

um Herrn Demirs Krankheit behandeln zu lassen. Das „Ezgi“ ist schon e<strong>in</strong>ige Monate mit<br />

der Miete im Rückstand <strong>und</strong> auch bei verschiedenen Lieferanten verschuldet, da die<br />

Gäste aufgr<strong>und</strong> der verkürzten Musikzeiten ausbleiben <strong>und</strong> sich die Gaststätte nicht<br />

mehr rentiert. Frau Demir ist verzweifelt, weil sie ke<strong>in</strong>e Zukunft mit der Gaststätte sieht<br />

<strong>und</strong> ke<strong>in</strong>en Ausweg weiß.<br />

Im Haus m<strong>in</strong>dern mehrere Parteien die Miete, e<strong>in</strong>e Mieter<strong>in</strong> ist ausgezogen 66 . Die Familie<br />

Strasshofer versucht weiter, über e<strong>in</strong>en Anwalt <strong>und</strong> Beschwerdebriefe an das KVR <strong>und</strong><br />

den Bezirksausschuss e<strong>in</strong>e Änderung der Situation zu erreichen. Das KVR hat bestätigt,<br />

dass die Pächter ke<strong>in</strong>e Genehmigung für Livemusik haben <strong>und</strong> diese beantragen müssten.<br />

Herr Aschauer, der Vermieter der Gaststätte, hat bisher noch nichts unternommen,<br />

um den Konflikt zu lösen.<br />

6.1.3 „Unterkunft“<br />

Konfliktgeschichte<br />

In e<strong>in</strong>er städtischen Unterkunftsanlage im Norden Münchens gibt es im Frühjahr 2003<br />

immer wieder Beschwerden der Bewohner über die S<strong>in</strong>tifamilie Seeger, die dort neu<br />

e<strong>in</strong>gezogen ist. Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass dort neben der eigentlich wohnberechtigten Mutter<br />

G<strong>in</strong>a mit Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d auch der mit ihr nach S<strong>in</strong>tirecht 67 verheiratete Renaldo mit se<strong>in</strong>em<br />

Kampfh<strong>und</strong> lebt. Die Bewohner sammeln Unterschriften <strong>und</strong> wenden sich an die Unterkunftsverwaltung,<br />

die sich nun unter Handlungszwang sieht. Hauptbeschwerdepunkt ist<br />

die ständige Anwesenheit von Renaldo Seeger, der aggressiv <strong>und</strong> kampflustig sei <strong>und</strong><br />

mit se<strong>in</strong>em Kampfh<strong>und</strong> die K<strong>in</strong>der terrorisiere, <strong>und</strong> demzufolge alle <strong>in</strong> Angst zu leben<br />

hätten. Der Unterkunftsverwalter Herr Stegmüller, der die Familie bereits gut kennt,<br />

versucht die Situation zu klären. Die Familie weigert sich, auszuziehen, die Situation<br />

spitzt sich über mehrere Wochen h<strong>in</strong> zu, bis die Kommunikation unterbrochen ist <strong>und</strong><br />

65<br />

Angaben über die realen Beträge s<strong>in</strong>d nicht exakt zu machen: Herr Borchert spricht von „e<strong>in</strong> bisschen<br />

Geld“, Frau Demir sagt, er fordere mittlerweile 300€. Ob diese Summe letztlich auch vere<strong>in</strong>bart wurde, blieb<br />

unklar.<br />

66<br />

nach Aussagen des Vermieters. Es ist nicht e<strong>in</strong>deutig festzustellen, ob sie wegen des Konflikts ausgezogen<br />

ist.<br />

67<br />

ungeschriebene Rechtstradition, welche für S<strong>in</strong>ti faktische Gültigkeit hat (vgl. Weyrauch 2002; -->Glossar)<br />

76

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