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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Gr<strong>und</strong>legende Begriffe<br />

Wie s<strong>in</strong>d Kulturen verortet?<br />

Meist handelt es sich, wenn man von Kultur spricht, um „e<strong>in</strong> Kulturverständnis, bei dem<br />

es um die Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er ethnischen Gruppe, e<strong>in</strong>er Nation oder e<strong>in</strong>em <strong>durch</strong><br />

Religion <strong>und</strong> geographische Nähe geprägten ´Zivilisationskreis´ geht“ (Ropers 1999,<br />

S.69). Es wird vielfach diskutiert, ob die Bedeutung der ethnisch-kulturellen Zugehörigkeit<br />

nicht abnimmt, welche Rolle diese „im Vergleich zu anderen, ´modernen´ oder<br />

´postmodernen´ Zugehörigkeiten spielt bzw. <strong>in</strong>wieweit es <strong>in</strong> vielen Fällen überhaupt<br />

möglich ist, e<strong>in</strong>deutige Grenzen angesichts multipler kultureller Zugehörigkeiten vorzunehmen“<br />

(ebenda). Nicklas stellt fest, dass die meisten Menschen <strong>in</strong> modernen Gesellschaften<br />

mehreren Subkulturen angehören <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuell unterschiedliche Handlungsfähigkeit<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Normensystemen besitzen (vgl. 1991, S. 130). Dabei<br />

können die kulturellen Unterschiede <strong>in</strong> verschiedenen gesellschaftlichen Sektoren <strong>und</strong><br />

Ebenen sogar größer se<strong>in</strong>, als diejenigen zwischen verschiedenen Ethnien. E<strong>in</strong> Jugendlicher<br />

aus Deutschland ist oft e<strong>in</strong>em anderen Jugendlichen aus Ch<strong>in</strong>a kulturell ähnlicher,<br />

als e<strong>in</strong>em ebenfalls aus Deutschland stammenden Abteilungsleiter e<strong>in</strong>er großen Firma<br />

(vgl. ähnliche Beispiele bei Haumersen 1999, S. 181).<br />

Es ist nicht neu, dass Menschen freiwillig oder gezwungen <strong>in</strong> kulturellen Überschneidungssituationen<br />

leben. Durch die Entwicklung moderner Verkehrs- <strong>und</strong> Kommunikationsmittel<br />

<strong>und</strong> die da<strong>durch</strong> immens gesteigerte Mobilität leben jedoch immer mehr<br />

Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er fremden Kultur oder zwischen zwei Kulturen (vgl. Nicklas 1991, S.<br />

125). Zu unterscheiden s<strong>in</strong>d dabei das Zusammentreffen von Kulturen im Bereich<br />

Tourismus oder kurzfristiger Arbeits- <strong>und</strong> Studienaufenthalte <strong>und</strong> auf Dauer angelegte<br />

Wanderungen, die aufgr<strong>und</strong> von Arbeitssuche oder Vertreibung <strong>und</strong> Flucht erfolgen (vgl.<br />

Treibel 1999, S. 20f). Unter dem Begriff des Transnationalismus wird die Deterritorialisierung<br />

von Kulturen, die abnehmende Rolle des Nationalstaats <strong>und</strong> die Bildung plurilokaler<br />

ethnischer Netze diskutiert 6 (vgl. u.a. Hannertz 1995; Bommes 2003; Pries<br />

2003). Treibel beschreibt, wie Herkunftskulturen seit Beg<strong>in</strong>n der E<strong>in</strong>wanderung nach<br />

Deutschland transformiert werden <strong>und</strong> sich mit jeder Migrantengeneration neue Kulturen<br />

ausbilden (vgl. 1999, S.190ff). Wie solche Angleichungsprozesse von Kulturen ablaufen,<br />

wird <strong>in</strong> politischen wie wissenschaftlichen Diskursen unter den normativen Konzepten<br />

von Assimilation bzw. Multikulturalismus (vgl. dazu als Überblick Pristl 2000; --> Glossar)<br />

kontrovers diskutiert.<br />

Theoretische Modelle von Kultur<br />

Geht man also davon aus, dass Migranten <strong>ihre</strong> Heimatkultur kaum „<strong>in</strong> der fernen Heimat<br />

zurücklassen“ (Moosmüller 2000, S.22), Kultur vor allem aber aus gelebter Alltagspraxis<br />

bestehe, sich verändere <strong>und</strong> weiterentwickle, so ergibt sich die Frage nach angemessenen<br />

Analyse<strong>in</strong>strumenten kultureller Differenz 7 . Die Modelle der Anthropologen Hofstede<br />

<strong>und</strong> Hall, die eher den primordialen Aspekt kultureller Prägung betonen <strong>und</strong> Unterschie-<br />

6<br />

-> Glossar Transmigration<br />

Das Conta<strong>in</strong>erverständnis des Nationalstaates impliziert e<strong>in</strong>e kulturelle Gleichförmigkeit <strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>es<br />

Territoriums. Diese Annahme – sofern sie jemals richtig war – muss im Prozess der Globalisierung von<br />

<strong>in</strong>dividuellen Lebensläufen zunehmend <strong>in</strong> Frage gestellt werden (vgl. Beck 1997, S. 49ff) Durch pluri-lokale<br />

ethnische Kontakte spannen sich Netzwerke zwischen der Herkunfts- <strong>und</strong> Ankunftsgesellschaft auf, so dass<br />

Raumdistanzen zunehmend unbedeutend für soziale Kontakte <strong>und</strong> Loyalitäten werden (vgl. Pries 2003).<br />

7<br />

Es besteht die Gefahr, dass solche Überlegungen <strong>in</strong> rassistischen Diskursen zweckentfremdet werden.<br />

Dabei bleibt jedoch das Ziel solcher Untersuchungen zu bedenken: „Nicht die kulturellen Praxen schaffen die<br />

Differenz, sondern der ihnen zugeschriebene S<strong>in</strong>n <strong>in</strong>nerhalb bestimmter ökonomischer, kultureller <strong>und</strong><br />

politischer Domänen“ (Moosmüller 2000, S. 22)<br />

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