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Interkulturelle Konflikte in Nachbarschaften und ihre Lösung durch ...

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Gr<strong>und</strong>legende Begriffe<br />

Es liegt also die Vorstellung zu Gr<strong>und</strong>e, dass Menschen auf die Welt reagieren, wie sie<br />

sie wahrnehmen. E<strong>in</strong> <strong>und</strong> dieselbe Situation kann <strong>in</strong> den Köpfen völlig unterschiedlich<br />

repräsentiert se<strong>in</strong>, was wiederum zu Kontroversen, zu Streit <strong>und</strong> Konflikt führen kann<br />

(vgl. Grzelak 1990, S. 319). Glasl führt aus, wie sich im Konfliktfall die Wahrnehmungsfähigkeit,<br />

das Vorstellungsleben <strong>und</strong> Denken verändert <strong>und</strong> da<strong>durch</strong> häufig die Sicht auf<br />

die Geschehnisse geschmälert <strong>und</strong> verzerrt wird (vgl. 1990, S. 34ff).<br />

In <strong>in</strong>terkulturellen Konfliktsituationen kann diese Problematik da<strong>durch</strong> verstärkt werden,<br />

dass sich die „Mechanismen, die zu e<strong>in</strong>er verzerrten Wahrnehmung <strong>und</strong> polarisierten<br />

Gefühlen aufgr<strong>und</strong> ethnisch-kultureller Differenz (Fremdheitsgefühle) führen, mit den <strong>in</strong><br />

der Konfliktdynamik auftretenden Perzeptionsänderungen überlagern“ (Schmitt 2003, S.<br />

104). Es tritt also die Gefahr der Verzerrung sowohl <strong>durch</strong> die „kulturelle Brille“, wie<br />

auch <strong>durch</strong> das Konfliktgeschehen selbst auf. Dabei tendieren Streitparteien oft dazu, zu<br />

kulturalisieren, das heißt die Kultur des Anderen als Gr<strong>und</strong> für die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

zu <strong>in</strong>strumentalisieren <strong>und</strong> überzubewerten (vgl. Haumersen/ Liebe 1998, S. 156).<br />

In der Literatur werden <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die Begriffe ethnisch-kultureller<br />

Konflikt, <strong>in</strong>terkultureller Konflikt, rassistischer Konflikt <strong>in</strong> sich teilweise überschneidender<br />

Weise verwendet. Dangschat versteht unter e<strong>in</strong>em rassistischen Konflikt rassistische<br />

Vorurteile <strong>und</strong> strukturelle Benachteiligungen von Bevölkerungsgruppen aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r<br />

Rasse <strong>und</strong> deren sichtbaren Merkmalen (vgl. 1998, S. 21). Davon trennt er ethnische<br />

<strong>Konflikte</strong>, die dann vorlägen, „wenn es um kulturell-religiöse Verhaltensunterschiede<br />

geht, die e<strong>in</strong>seitig diskrim<strong>in</strong>iert werden“; er nimmt also e<strong>in</strong>e Differenzierung <strong>in</strong> die<br />

strukturelle (Rasse) <strong>und</strong> kulturelle Komponenten (Ethnie) vor (vgl. ebenda; --> Glossar<br />

Ethnie; Rasse).<br />

Diese Def<strong>in</strong>itionen implizieren die bewusste Wertung der kulturellen Zugehörigkeit.<br />

Demgegenüber steht e<strong>in</strong> weiter gefasstes Verständnis, bei dem die Konfliktparteien zwar<br />

über e<strong>in</strong>e unterschiedliche kulturelle bzw. ethnische Herkunft verfügen, der Konflikt aber<br />

noch nicht automatisch e<strong>in</strong>e Diskrim<strong>in</strong>ierung e<strong>in</strong>schließt. Es wird vielmehr „im Verlauf<br />

der Konfliktbearbeitung deutlich (...), daß Unterschiede des beobachteten Verhaltens der<br />

Akteure sich mit deren Zugehörigkeiten zu e<strong>in</strong>er nationalen Kultur erklären lassen <strong>und</strong><br />

dieses unterschiedliche Verhalten den Prozeß der Konfliktbearbeitung maßgeblich<br />

bee<strong>in</strong>flusst“ (Liebe/ Gilbert 1996, S. 9).<br />

Inwieweit die kulturelle Komponente von den Streitenden bewusst wahrgenommen wird<br />

oder sogar ursächlich für den Konflikt ist, wird dabei noch offengelassen.<br />

<strong>Konflikte</strong> zwischen reflektiertem Handeln <strong>und</strong> kultureller Prägung<br />

Gehören die Konfliktparteien unterschiedlichen Kulturen an, so stellt Kultur nur e<strong>in</strong>e<br />

unter den vielen Variablen dar, aus denen die je eigene Wirklichkeit zusammengesetzt<br />

wird. Es gilt jedoch als schwierig abzuschätzen, wie dom<strong>in</strong>ant sie den Konstruktionsprozess<br />

bee<strong>in</strong>flusst. Gleiches trifft für die Behandlung der räumlichen Dimension als Konfliktursache<br />

zu: so stellt Werlen fest, dass im S<strong>in</strong>ne der Neugewichtung des Kultur-Raum<br />

Verhältnisses e<strong>in</strong> Kulturverständnis notwendig wird, „das der Bedeutung der räumlichen<br />

Dimension für kulturelle Wirklichkeiten zwar Rechnung trägt, diese aber nicht als Kausal<strong>in</strong>stanz<br />

begreift. Den räumlichen Bed<strong>in</strong>gungen ist vielmehr als zu <strong>in</strong>terpretierender<br />

Kontext des Handelns Rechnung zu tragen, der je nach Handlungszusammenhang<br />

unterschiedliche Bedeutung erlangen kann“ (2003, S. 257).<br />

mus können auch e<strong>in</strong>e Abwertung des Fremden <strong>und</strong> übersteigerte Wertschätzungen der eigenen Kultur<br />

auftreten, die als Xenophobie bzw. Nationalismus zu bezeichnen s<strong>in</strong>d (vgl. Nicklas 1991, S.134).<br />

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