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Download - Museen in Bayern

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Zur Tagung „Mit D<strong>in</strong>gen erzählen“ wurde <strong>in</strong> das Landestheater<br />

e<strong>in</strong>geladen, da seit Frühjahr 2010 das Vorarlberger Landesmuseum<br />

umgebaut wird. Se<strong>in</strong>e Wiedereröffnung ist für den Sommer<br />

2013 geplant. Als Architekt für die Präsentation der neuen Dauerausstellung<br />

wurde Mart<strong>in</strong> Kohlbauer aus Wien engagiert (Jüdisches<br />

Museum München etc.). Dies war Anlass genug, unter<br />

dem Titel „relaunch“ im Rahmen von drei Veranstaltungen grundsätzliche<br />

Fragen zur Weiterentwicklung kulturhistorischer <strong>Museen</strong><br />

und zentrale Funktionen des Museums zu überdenken und<br />

zu diskutieren.<br />

Tobias G. Natter, der Leiter des Landesmuseums, eröffnete<br />

die zweite Tagung der Reihe m 4.11.2010 mit e<strong>in</strong>em H<strong>in</strong>weis auf<br />

den Brockhaus: Zum Thema „Sammlung“ fänden sich lediglich die<br />

Stichpunkte „Geld und Briefmarken“. Für die Präsentation von<br />

Sammlungen <strong>in</strong> Dauerausstellungen s<strong>in</strong>d neue Erzählstrukturen zu<br />

entwickeln. Neue Dauerausstellungen seien nicht <strong>in</strong> Krisenzeiten<br />

durch die Präsentation von Sonderausstellungen zu kompensieren,<br />

so Natter. Auch müsse man Parallelen und Unterschiedlichkeiten<br />

zu Malerei und Theater aufzeigen.<br />

Michael Fehr, Direktor des Instituts für Kunst und Kontext an<br />

der Universität der Künste <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, nannte deutlich die Schwachstellen<br />

der Wissensvermittlung. Sie würden häufig kompensiert<br />

durch überhöhten Mediene<strong>in</strong>satz, durch Über<strong>in</strong>szenierung auf<br />

Kosten der Schausammlung oder die Gestaltung von musealen<br />

Schaufenstern. Oft lassen Ausstellungen die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit dem Objekt vermissen. Modelle für museale Erzählformen ließen<br />

sich an den „Erzählstrukturen <strong>in</strong> der bildenden Kunst und den<br />

Darstellungen europäischer Epochen“ übernehmen. Es stellt sich<br />

die Frage: Lassen sich Regeln aufstellen für das Aufstellen der<br />

Exponate, für das Bestücken von Vitr<strong>in</strong>en? Über<strong>in</strong>szenierung gehe<br />

auf Kosten der Schausammlung – doch wir wollen ke<strong>in</strong>e musealen<br />

Schaufenster mit stillgelegter Ware. Die Forderung nach komplexeren<br />

Strukturen, nach Erzählstrukturen <strong>in</strong> bildlicher Darstellung<br />

und se<strong>in</strong> Vergleich, „das E<strong>in</strong>räumen der Vitr<strong>in</strong>e dem Aufbau e<strong>in</strong>es<br />

Bildes“ vergleichend zu <strong>in</strong>terpretieren s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>leuchtend und<br />

nachvollziehbar.<br />

Die Wahrnehmung e<strong>in</strong>es Objektes wird bee<strong>in</strong>flusst durch Art<br />

und Weise ihrer Anordnung. Anhand e<strong>in</strong>facher Beispiele zeigte<br />

Fehr unterschiedliche Betrachtungsweisen auf, anhand verschiedener<br />

Figuren jeweils variierend <strong>in</strong> unterschiedliche räumliche<br />

Beziehung gestellt. Se<strong>in</strong> Vorschlag lautete abschließend: Nicht<br />

präsentieren, sondern Objekte so zeigen, um sie beobachten zu<br />

können, sie zeigen, um zu vermitteln, wie Wissen entsteht.<br />

Michael Parmentier, Humboldt-Universität Berl<strong>in</strong>, zeigte<br />

„Möglichkeiten und Grenzen der Narration im Museum“ auf. Mit<br />

se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>gangsworten „jedes D<strong>in</strong>g ist nur das, was es ist, und<br />

nicht das, was es nicht ist“ weist er auf die Mehrdeutigkeit von<br />

D<strong>in</strong>gen h<strong>in</strong>, auf deren Wanderung durch verschiedene Kontexte,<br />

auf den Wechsel der Kontexte, und somit auf das Bedeutungspotential<br />

des e<strong>in</strong>zelnen Objektes. Diesen Prozess fasst er begrifflich<br />

als „manifeste und latente Bedeutung“ zusammen. „D<strong>in</strong>ge<br />

s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Erzählmedium“, sie bed<strong>in</strong>gen das Mite<strong>in</strong>ander von Raum<br />

und Sprache, denn die „museale D<strong>in</strong>gwerdung“ ist auf den Raum<br />

angewiesen. Der Rezipient soll die „Reihung der D<strong>in</strong>ge“ so betrachten<br />

können, damit e<strong>in</strong> Nebene<strong>in</strong>ander e<strong>in</strong> zeitliches Nache<strong>in</strong>ander<br />

werden kann. Und nicht zu vergessen: Sprache benötigt<br />

Sichtkontakt zu den D<strong>in</strong>gen.<br />

Der Direktor des WienMuseums, Wolfgang Kos, hat große<br />

Zukunftspläne: Das Museum soll e<strong>in</strong>en Neubau bekommen, e<strong>in</strong><br />

Museum des 21. Jahrhunderts. Er sieht diesen Neubau mehr<br />

als Ausstellungshalle denn als Museum. Die Entwicklung neuer<br />

Ausstellungskonzepte, unter Verzicht e<strong>in</strong>er chronologischen Präsentation<br />

und nach dem Motto „schnell+tief“, sieht er vielversprechend<br />

für se<strong>in</strong>e Besucher im 21. Jh. Pr<strong>in</strong>zipiell stellt er sich<br />

„modulare Teilausstellungen“ vor.<br />

Berichte/Aktuelles 71<br />

Mit D<strong>in</strong>gen erzählen:<br />

Die Schausammlung<br />

Tagung im Vorarlberger<br />

Landesmuseum Bregenz, 4.11.2010<br />

Anna-Marita Lang<br />

Beispielhaft für die Dauerausstellung des Altbaues (Kos: „E<strong>in</strong> Gebäude<br />

der Bescheidenheit“) aus dem Jahr 1959 s<strong>in</strong>d Meisterwerke<br />

des Biedermeiers und die „Türkenbelagerung 1683“. E<strong>in</strong>e Neupositionierung<br />

sche<strong>in</strong>t dr<strong>in</strong>gend erforderlich. Mit e<strong>in</strong>er Vielzahl an<br />

Sonderausstellungen konnte Kos erfolgreich se<strong>in</strong> Haus bespielen.<br />

Dabei wurden Erzählkontexte <strong>in</strong> unterschiedlichen Vermittlungsformen<br />

dramaturgisch aufbereitet. Kos zeigte Beispiele von Plakatausstellungen:<br />

„Rotes Wien“, „Zauber der Ferne“, „Gastarbeiter“,<br />

„Alt Wien“ – zum anderen e<strong>in</strong> Beispiel zur Römerabteilung,<br />

„were romans allowed to marry locals“.<br />

Jakob Messerli ist seit Frühjahr 2010 Direktor des Historischen<br />

Museums <strong>in</strong> Bern. Das Museum, Ende des 19.Jh. gegründet, wurde<br />

im letzten Jahr durch e<strong>in</strong>en Neubau mit e<strong>in</strong>er zusätzlichen Wechselausstellungsfläche<br />

von rund 1200 m² erweitert. Diese Fläche,<br />

bespielt mit e<strong>in</strong>em museums<strong>in</strong>tern entwickelten Wandsystem,<br />

bietet dem Museum variable Ausstellungsmöglichkeiten.<br />

Messerli zeigte als herausragendes Beispiel zum Thema Dauerausstellung<br />

„Burgundische Tapisserien“ (2008) sowie zum Thema<br />

Sonderausstellung das Projekt „Karl der Kühne“ (2008) sowie<br />

e<strong>in</strong>e Ausstellung über „Albert E<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>“ (2005). Bezug nehmend<br />

auf die Präsentation der Fürstlich Fürstenbergischen Sammlungen<br />

<strong>in</strong> Donauesch<strong>in</strong>gen verdeutlichte er: „Museums seem to be about<br />

objects <strong>in</strong> build<strong>in</strong>gs, they’re really about people“. Er lobte e<strong>in</strong>gängige<br />

Bilder und e<strong>in</strong>fache Medien <strong>in</strong> Analogie zur Kochkunst nach<br />

dem Motto: Keep it simple! und zitierte Karl Friedrich Sch<strong>in</strong>kel:<br />

„Erst erfreuen, dann belehren!“ *<br />

Erfreulicher Weise wird sich auch nach dieser Tagung immer<br />

wieder die Frage nach der Rolle des Objekts stellen, nach<br />

se<strong>in</strong>er Kontextuierung, nach se<strong>in</strong>er Geschichte, nach der Art und<br />

Weise der geeigneten Präsentation. Die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit<br />

Geschichte, die Erforschung der Provenienz und die E<strong>in</strong>beziehung<br />

der Besucher bieten auch künftig Anlass, „die Schausammlung“<br />

immer wieder zu überdenken und zu diskutieren.<br />

* Folgende Vorträge vom 4.11.2010 konnten von der Autor<strong>in</strong> leider nicht<br />

mehr berücksichtigt werden: Dr. Felicitas Heimann-Jel<strong>in</strong>ek: Das Jüdische<br />

Museum Wien; Dr. Anette Kruszynski: K20K21 – Die Kunstsammlung<br />

Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen Düsseldorf; Prof. Dr. Harald Meller: Das Landesmuseum<br />

für Vorgeschichte Halle; Prof. Dr. Kirsten Baumann: Das Museum<br />

der Arbeit Hamburg; Dr. Michaela Reichel: Das Vorarlberger Landesmuseum<br />

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