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Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc

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dem Wahlerfolg kamen die Mühen der Ebene. In einem gewollt langen Parteibildungsprozess<br />

sollten die neuen Partner ein Verständnis füreinander sowie eine gemeinsame<br />

Programmatik und die Modalitäten der Fusion entwickeln. In diesen<br />

Prozess fiel die Mindestlohnkampagne als erste längerfristig angelegte, bundesweite<br />

politische Aktion.<br />

Diese hatte für DIE LINKE drei positive Funktionen:<br />

1. Im gemeinsamen Handeln lernten sich die neuen Partner kennen, bildeten<br />

sich Arbeits- und Kommunikationsstrukturen heraus und wurden Vorurteile abgebaut.<br />

Die Mindestlohnkampagne war von vornherein so konzipiert, dass ein<br />

größere Anzahl von Mitgliedern beider Parteien als regionale Koordinatorinnen<br />

und Koordinatoren (»Botschafterinnen und Botschafter für den gesetzlichen Mindestlohn«)<br />

einbezogen wurden. Die Kampagnenorientierung wirkte als Gegenmittel<br />

gegen selbstzerfleischende interne Konflikte. Es wurden neue Kontakte geknüpft,<br />

wechselseitige Vorurteile, antikommunistische Reflexe oder Vorbehalte<br />

gegen »die Sozialdemokraten« von der WASG wurden auf den Prüfstand gestellt.<br />

In den zahlreichen Auseinandersetzungen des Parteibildungsprozesses wirkte die<br />

Mindestlohnkampagne als Gegengewicht zu Tendenzen wechselseitiger Ab- und<br />

Ausgrenzungen. Die realen Konflikte wurden damit nicht geleugnet. Vielmehr<br />

wurde mit der Kampagne praktisch verdeutlicht, dass die tatsächlichen politischen<br />

Gegner woanders stehen.<br />

2. In der Kampagne wurden die beiden Parteien gemeinsam wahrgenommen,<br />

in der Außenwahrnehmung handelten sie als eine Keimform der neuen Partei. An<br />

den Infoständen und bei Aktionen argumentierten die Mitglieder von Linkspartei<br />

und WASG mit gleichen Argumenten für den Mindestlohn. In den Städten, in denen<br />

Bündniskontakte z. B. mit Gewerkschaften und Kirchen geknüpft oder zu Podiumsdiskussionen<br />

eingeladen wurde, wurden die Mitglieder beider Parteien als<br />

Einheit wahrgenommen. Die einheitliche Außenwahrnehmung wurde durch ein<br />

gemeinsames Logo, einheitliche Plakate sowie Internetportale entscheidend geprägt.<br />

Die spätere Vereinigung beider Parteien wurde damit vorweggenommen,<br />

besonders dann, wenn VertreterInnen der Bundestagsfraktion einbezogen wurden,<br />

in deren Reihen die neue Entwicklung einer gemeinsamen Partei bereits antizipiert<br />

wurde.<br />

3. Das soziale Profil der kommenden LINKEN wurde geschärft. Dies hat der<br />

sich herausbildenden Partei gut getan, wie nicht zuletzt die Analyse der Bremer<br />

Landtagswahl oder Meinungsumfragen belegen, die Stimmenverluste von SPD<br />

und CDU an DIE LINKE vor allem darauf zurückführen, dass der LINKEN eine<br />

große Kompetenz beim Thema soziale Gerechtigkeit zugetraut wird. Auch nach<br />

Innen wirkte die Kampagne profilbildend. Denn obwohl die Intention eines die<br />

Existenz sichernden Mindestlohns unumstritten war, gab es anfangs doch erheblichen<br />

Klärungsbedarf. Verletzt ein gesetzlicher Mindestlohn nicht die Tarifautonomie?<br />

Wie sollen kleine Unternehmen in strukturschwachen Regionen die<br />

Lohnerhöhung verkraften? Werden Unternehmen Personal entlassen müssen?<br />

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