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Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc

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schichte bislang einmaliger Prozess gestartet wurde, ließen keine Alternative zu.<br />

Innerhalb der WASG-Akteure differenzieren sich die Positionen zum Prozessverlauf.<br />

Einige bezweifeln Alternativen generell – »Ich möchte mal einen politischen<br />

Prozess sehen, der bottom up war« (F4), – bzw. gehen auch davon aus, dass »das<br />

Projekt WASG ein Top-Down-Prozess von Anfang bis Ende gewesen ist ... Und<br />

es gab nie eine Alternative dazu« (F2). Wieder andere sehen dies anders: »Ich<br />

halte ... diese Formel von Top down für völlig falsch. Die Mitglieder haben noch<br />

nie einen so großen Einfluss gehabt wie in der Krisenkonstellation, und zwar auf<br />

beiden Seiten« (F3).<br />

Und so argumentieren zahlreiche Akteure, das es gleichwohl eine Einbeziehung<br />

der Mitglieder gäbe, vor allem über die Urabstimmungen, aber auch darüber<br />

hinaus. Und es gäbe eine Stimmung in der Mitgliedschaft, vor allem in der ehemaligen<br />

PDS, dass die Führung in ihrem Auftrag agieren solle – auch und gerade,<br />

weil die Hoffnung bestand aus festgefahrenen Strukturen herauszukommen. »Und<br />

ich glaube, in der Mitgliedschaft ist es durchaus akzeptiert, dass da nicht jede<br />

Frage in einer Urabstimmung entschieden werden kann. Der Eindruck, dass sie<br />

selber mitreden und ihre Meinung sagen können, der ist da.« (E1) Berichtet wird<br />

von konkreten Maßnahmen der Mitgliedereinbeziehung sowie von gemeinsamen<br />

Projekten wie der Mindestlohnkampagne, die das praktische Referenzprojekt gewesen<br />

sei, das alle geeint hätte.<br />

Sehr unterschiedlich werden die bisherigen Regionalkonferenzen und der Programmkonvent<br />

beurteilt. In jedem Fall mahnen eine ganze Reihe von Akteuren<br />

Maßnahmen an, die »dringend notwendig zur inhaltlichen Verbreiterung und Qualifizierung,<br />

aber auch zur Einbindung der Mitglieder (sind), damit sie ein Gefühl<br />

dafür kriegen, dass es auch ihre Partei ist« (E10). Hierzu gehöre nicht nur eine<br />

ernsthafte Programmdebatte, sondern es seien auch entsprechende Strukturen und<br />

statutarische Prinzipien erforderlich, weil »die neue Partei erst dann vernünftig in<br />

der Basis entsteht, wenn wir wirklich über Bundesländer- und Ost-West-Grenzen<br />

hinweg einen Diskussionsprozess organisieren« (F2). Dies scheint für die Linkspartei<br />

umso notwendiger, als alle Fragen der Partei- und Organisationsentwicklung<br />

vor dem Hintergrund weitgehender gesellschaftlicher Individualisierungsprozesse<br />

zu sehen sind. Selbst wenn für die Mitgliedschaft der PDS eine<br />

Sondersituation galt, verlieren Parteien den Status einer politischen Lebensgemeinschaft<br />

zuungunsten einer instrumentellen Sicht auf die Partei als politischer<br />

Zweckorganisation. 33<br />

Organisationen, also auch politische Bewegungen und Parteien, bilden kollektive<br />

Identitäten heraus. Die Vermutung liegt nahe, dass sie substantiell für die Po-<br />

33 Vgl. <strong>Meinhard</strong> <strong>Meuche</strong>-<strong>Mäker</strong>: Die Linkspartei.PDS auf dem Weg zur neuen Linken. A. a. O., S. 28. Auf ein anderes<br />

Problem fast aller Parteien weist Wiesendahl hin: »Das eigentliche Problem mit der Mitgliederpartei ist,<br />

das deren Basis aus der organisatorischen Nutzenperspektive mit dem Übergang in das 21. Jahrhundert kraft- und<br />

saftlos geworden ist. Überaltert, selbstbezogen und immer schon mit dem Parteibuch dabei, stehen die Mitglieder<br />

längst nicht mehr mittendrin, dort wo sich das pulsierende gesellschaftliche Leben abspielt.« Elmar Wiesendahl:<br />

Mitgliederparteien am Ende? Eine Kritik der Niedergangsdiskussion. Wiesbaden 2006, S. 174<br />

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