Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
haben« (F3). Wenn es ihr also gelänge, einen Teil derjenigen einzubinden, die sich<br />
aus dem politischen Leben der Gesellschaft verabschieden, dann hätte sie eine<br />
»richtige und neue linke Funktion, Demokratie in unserem Land zu stabilisieren.«<br />
(E13) Insofern ist auch der Hinweis ernst zunehmen, dass die Parteien dabei seien,<br />
ihre historische Bedeutung zu verlieren. Insbesondere auf kommunaler Ebene sei<br />
der Bedeutungsschwund enorm. Auf die Linkspartei käme die Frage zu, ob sie<br />
sich mittelfristig vom Anspruch, Mitgliederpartei zu sein, verabschieden und sehr<br />
viel stärker zu einer Wählerpartei werden müsse.<br />
»Konflikte entstehen nicht aus den beiden Organisationen, sondern aus den unterschiedlichen<br />
Kulturen, und die gehen quer durch« (E9) – Politische Kultur und<br />
Politikstile im Neuformierungsprozess<br />
Politische Kultur besteht »aus der Gesamtheit der kollektiven Werte, Orientierungen,<br />
Einstellungen, Kommunikationsgewohnheiten und Sinngebungen einer Gesellschaft«<br />
und wirkt »in ausschlaggebender Weise als Motivationskraft und als<br />
Steuerungszentrum auf das menschliche Handeln« 31 . Dennoch besteht ein Gegensatz<br />
zwischen der Wirkmächtigkeit der politischen Kultur auf die Politik und ihrer<br />
weitgehenden Unsichtbarkeit im politischen Prozess. Es sind gewissermaßen<br />
kollektive Eigenschaften, die das Verhalten gesellschaftlicher Gruppen prägen. So<br />
wie sich die politische Kultur großer Gruppen durch Erfahrungen und ihre Deutung<br />
verändern kann, so kann sich auch der einzelne im Laufe seines Sozialisationsprozesses<br />
differenziert zu der Kultur verhalten, die er vorfindet. Er bleibt<br />
letztlich von ihr in gewissem Grade geprägt. 32<br />
In der heutigen Gesellschaft findet eine erhebliche Differenzierung politischer<br />
Kulturen zwischen unterschiedlichen Milieus statt, und dennoch prägen auch<br />
Grundelemente der traditionellen politischen Kultur Deutschlands die heute Handelnden.<br />
An diese Erkenntnis wird in den Antworten angeknüpft: »... Ich glaube,<br />
dass das so eine traditionelle linke Tradition aus der Arbeiterbewegung ist, die da<br />
ist, die ja auch im Westen eine Rolle spielt, aber nie … in dem großen Umfang,<br />
wie es dann im Osten der Fall war. Das ist, wenn man so will, eine gemeinsame<br />
Wurzel, die ja weit zurück reicht in die deutsche Geschichte« (E1).<br />
Anknüpfend an diese Überlegung nimmt eine Reihe von Akteuren und externen<br />
Beobachtern wahr, »dass es auf einer kulturellen und soziokulturellen Ebene<br />
auch eine ausgeprägte Nähe zwischen DGB- und SED-Sozialisation gibt« (E9).<br />
Die stärkeren kulturellen Differenzen würden zwischen Repräsentanten dieser Sozialisation<br />
und neuen sozialen Bewegungen bzw. libertären Ansätzen bestehen.<br />
Auch in der externen Wahrnehmung wird davon ausgegangen, dass es bei der<br />
31 Thomas Meyer: Was ist Politik? Opladen 2003, S. 193.<br />
32 Vgl. ebenda, S. 205.<br />
71