Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
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Schlussfolgerungen<br />
Die höchste Übereinstimmung in dieser Akteursbefragung ist die, dass es zur gemeinsamen<br />
Bundestagskandidatur von Linkspartei.PDS und WASG keine Alternative<br />
gegeben hätte. Das von vielen als historisch verstandene Ziel, eine neue gesamtdeutsche<br />
Linkspartei zu begründen – und der auf diesem Wege notwendige<br />
Einzug in den Bundestag –, disziplinierten die Akteure in besonderer Weise. Seitdem<br />
sind zwei Jahre vergangen, in denen die befragten Personen auf gemeinsame<br />
Diskussionen und Praxis zurückblicken, mit dem Einzug in die Bremische Bürgerschaft<br />
aber auch einen ernstzunehmenden Erfolg in der politischen Arena vorweisen<br />
können. Damit ist eine Entwicklung realisiert worden, die zahlreiche, kritische<br />
wie wohlmeinende, Beobachter nicht für möglich gehalten hatten.<br />
Fast alle externen Beobachter – und eine ganze Reihe von Akteuren – gehen<br />
dennoch davon aus, dass es nach der formellen Vereinigung der beiden Parteien<br />
zu intensiven Auseinandersetzungen in der Linkspartei kommen wird. Unvermeidlicher<br />
Weise werden dabei die programmatischen und strategischen Fragen<br />
im Mittelpunkt stehen, die bislang zugunsten der angestrebten Parteienfusion ausgespart<br />
wurden.<br />
Die vorliegende Studie hat zahlreiche Konflikte benannt, die es zu klären gilt.<br />
Aufgrund seiner symbolischen Bedeutung nimmt der Konflikt um Regierungsbeteiligungen<br />
dabei eine zentrale Rolle ein. Aber auch der Charakter der Linkspartei<br />
selbst wird zu klären sein. Bei den Akteuren des neuen Parteiprojekts überwiegt<br />
die Hoffnung, die internen Konflikte beherrschen zu können. Die hierfür<br />
erforderliche Kultur der Toleranz einer pluralistischen Partei ist ihres Erachtens<br />
bislang nicht ausreichend entwickelt.<br />
An den Kontroversen werden sich unterschiedliche Akteursgruppen beteiligen,<br />
deren Zusammensetzung und Positionierung nicht an den Parteigrenzen der beiden<br />
Quellorganisationen festzumachen sein wird. Intensität und Dauer lassen sich<br />
aus den Interviews nur bedingt ermessen. Sicher ist, dass die nächste Bundestagswahl<br />
die zeitliche Dimension bestimmt. Entscheidend wird sein, ob es bis Ende<br />
2008 möglich sein wird, kontroverse Programmdebatten so zu gestalten, dass deren<br />
Ergebnisse produktiv zur Entwicklung linker Strategien auf Bundes- und Länderebene<br />
beitragen. Zu vermuten ist, dass sich die Auseinandersetzungen auch auf<br />
die Wahlprogrammatik und die innerparteiliche Auswahl der Kandidatinnen und<br />
Kandidaten erstrecken wird.<br />
Inhaltliche Debatten schaden der neuen Partei allerdings nicht. Ganz im Gegenteil<br />
– sie fehlen ihr bislang. Die Partei ist in ihrer Zusammensetzung Produkt<br />
einer entwickelten und ausdifferenzierten Gesellschaft, die von unterschiedlichen<br />
Lebens- und Produktionsformen, kulturellen Bedürfnissen und Konflikten geprägt<br />
ist. Unterschiede – auch der Linken – haben sich nicht zufällig herausgebildet,<br />
sondern sind Ergebnis historischer Entwicklungen. Sie bringen die differenzierten<br />
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