Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
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samt vor grundlegend neuen, globalen Herausforderungen stehe, die neue Fragen<br />
und neue Antworten verlangen, so das sie »schon deshalb ein konflikthaftes Projekt<br />
ist, weil sie sich, ob sie will oder nicht oder ob sie es reflektiert oder nicht,<br />
...in einem Suchprozess befindet. ...Es gibt keinen theoretischen, konzeptionellen,<br />
programmatischen, strategischen, politischen Konsens, kann es nicht geben, aus<br />
dem man einfach schöpfen kann.« (G5)<br />
Die Akteure sehen diverse potenzielle oder bestehende Konflikte, die sich unabhängig<br />
von den Herkünften vier Kategorien zuordnen lassen. Erstens bestehen<br />
Konflikte der Kultur des unmittelbaren Neuformierungsprozesses. Dies reicht von<br />
Statutenfragen wie der Auseinandersetzung um Amt und Mandat oder die Frauenquote,<br />
die manche als zu hoch ansehen, bis hin zur Konkurrenz um Macht und<br />
Einfluss. Eine Reihe von Konflikten basieren auf unterschiedlichen Erfahrungen<br />
und Kulturen in Ost und West. Viele West-Linke kämen aus strukturkonservativen<br />
Organisationen wie SPD und Gewerkschaften, und mit ihnen würde der politische<br />
Grundansatz fundamentalistischer. Zugleich fehlten ihnen oftmals differenzierte<br />
Erfahrungen, was auf kommunaler und Landesebene geleistet werden könne. Und<br />
es gäbe den kulturhistorischen Konflikt, wie mit der ehemaligen PDS umgegangen<br />
wird, bei all ihrer Widersprüchlichkeit und ihren Schwächen. »Denn wir hatten<br />
16 Jahre Erfahrungen in den Landesparlamenten, wir hatten 12 Jahre Erfahrungen<br />
im Bundestag mit einer Fraktion, die natürlich im wesentlich ostdeutsch<br />
geprägt war. Und dann hopp – alles weg.« (E19)<br />
Wesentlich häufigere Nennungen ließen sich bei der zweiten Kategorie von<br />
Konflikten, den unterschiedlichen strategischen Vorstellungen, ermitteln. Die häufigsten<br />
– teilweise auch als zentral bezeichneten – Konflikte werden bei der Frage<br />
Regierungsbeteiligung 27 bzw. der damit verbundenen Frage, ob die Partei die Gesellschaft<br />
mitgestalten soll oder nicht, gesehen. Sowohl PDS- als auch WASG-Akteure<br />
benennen diesen Konflikt, ihre Einstellungen lassen sich überwiegend, aber<br />
nicht in jedem Fall an den ehemaligen Parteigrenzen ablesen. Die Regierungskoalition<br />
in Berlin wird in vielerlei Hinsicht, positiv wie negativ, als ein Referenzprojekt<br />
verstanden. Verschiedentlich wird daran erinnert, dass sich die Frage des<br />
Mitregierens nur im Kontext gewachsenen Einflusses stellt. Und die Frage, ob und<br />
wie man an sich an einer Regierung beteiligt, stünde ganz anders, »nachdem man<br />
vier oder fünf oder sechs Jahre oder zwei Legislaturperioden in einer Oppositionsrolle<br />
im Landtag war, in Baden-Württemberg, wo auch immer, und bin dann<br />
durch meine konsequente Opposition von 7 meinetwegen auf 13 Prozent gekommen.«<br />
(F9) Wobei die Frage »niemals konfliktfrei für Linke zu beantworten (sei),<br />
weil sie schon mit Kompromissen oder mit Halbheiten, mit anderen schlimmen<br />
Sachen behaftet ist«. (E1) Eine andere Überlegung ist die, das der strategische Fokus<br />
der Politik der neuen Partei die Bundespolitik sei und insofern Koalitionen auf<br />
Landesebene den bundesweiten Zielen der Partei zuwiderliefen.<br />
27 Siehe hierzu ausführlicher den Beitrag von <strong>Cornelia</strong> <strong>Hildebrandt</strong> in diesem Band.<br />
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