Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
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Veränderlichkeit von Gesellschaft und die Funktion der Linken<br />
Lässt sich der Kapitalismus in einem transformatorischen Prozess überwinden<br />
oder muss man ihn abschaffen, wer sind die Akteure seiner Veränderung und welche<br />
Funktion muss hierbei das neue linke Parteiprojekt übernehmen? Die Akteure<br />
formulieren die Alternativen so: »Soll es eine breitere und auf Dauer einflussreichere<br />
linke Strömung sein, die hegemoniefähig ist bis in die Mitte der Gesellschaft,<br />
oder ist sie ein Bündnis der gesammelten Interessen der Entrechteten, Verlorenen<br />
und Enterbten.« (E6). Die Partei müsse für sich die strategische Frage<br />
klären, ob sie eine »systemtransformierende Partei« sein oder ob sie sich »mit<br />
kleinen Reformen« zufrieden geben will (E9). Ein anderer wieder sieht die Linkspartei<br />
vor der Entscheidung, ob sie sich für die Rückkehr zu einer »sozialdemokratischen<br />
Politik der 70er Jahre innerhalb des keynesianischen Staatswesens«<br />
einsetzt oder ob sie nicht darüber hinaus auch fähig sein muss, »völlig neue politischen<br />
Logiken, Entwicklungslogiken nicht nur zu entwickeln, sondern auch als<br />
politische Praxis zu etablieren, was ein ungleich schwierigerer Prozess ist« (E6).<br />
DIE LINKE müsse im Parlament jene Positionen breiter Teile der Bevölkerung vertreten,<br />
die dort nicht mehr präsent sind, wie in der Friedensfrage, aber auch in der<br />
Frage, dass »der Kapitalismus nicht das Ende der Geschichte ist und natürlich in der<br />
Frage der Stärkung der Ärmsten« (E9). Diese so beschriebene gesellschaftliche Opposition<br />
zu herrschender Politik bedeutet jedoch ausdrücklich nicht »die Reduktion<br />
einfach nur auf Protestpartei« (E9). »Ich finde sogar, dass auch aus einer gestaltenden,<br />
ja sogar aus einer Regierungsposition heraus gesellschaftliche Opposition«<br />
möglich ist (E9). Dabei müsse »die Linke der Linken in der Tat vor dem Hintergrund<br />
der eigenen Geschichte überzeugendere Antworten auf die ökonomischen, sozialen<br />
und politischen Verwerfungen finden….« (F3). »Damit meine ich die Ökonomie,<br />
die so wie sie jetzt läuft, ja hochgradig instabil (ist), und sozial sind wir<br />
wegen dieser Instabilität gezwungen, soziale Sicherheit neu zu erfinden« (F3).<br />
Die grundsätzliche Stellung der Linken zum parlamentarischen System<br />
Für Rosa Luxemburg war das Parlament als »ein Organ der Klassen- und Fraktionskämpfe<br />
innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft …das geeignetste Terrain für<br />
den systematischen Widerstand der Sozialisten gegen die Herrschaft der Bourgeoisie«.<br />
5 Karl Liebknecht nutzte die Tribüne des Parlaments, um von dort 1914<br />
seine Stimme gegen die Kriegskredite zu erheben.<br />
Auch für die Linken heute sind die Parlamente Tribünen des Kampfes gegen<br />
die neoliberale Politik der Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge, des Abbaus<br />
sozialer Standards, der Einschränkung gewerkschaftlicher Tarifautonomie,<br />
5 Rosa Luxemburg : Die sozialistische Krise in Frankreich (1900). In: Werke, Band 1.2. Berlin 1979, S. 58.<br />
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