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Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc

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der Wenigen durch den öffentlichen Luxus der Vielen abzulösen. Die Armut in<br />

dieser Gesellschaft des Überflusses ist durch die Privatisierung dieses Überflusses<br />

bedingt. Wo Schwimmbäder Eintritt verlangen müssen, wo Bibliotheken keine<br />

Bücher mehr kaufen können, nicht mehr in den Wohnvierteln präsent sind und<br />

dann noch Gebühren verlangen, um nicht völlig zu verkommen, wo Kulturhäuser<br />

und Jugendklubs fehlen oder keine Betreuerinnen und Betreuer mehr haben, wird<br />

die Gesellschaft gespalten. Die Konsequenzen sind fatal: »Die Einschränkung öffentlicher,<br />

d.h. für alle Menschen gleichermaßen zugänglicher Räume (materieller<br />

wie geistiger), entfremdet von der Gesellschaft, entzieht der Solidarität die Grundlage<br />

des gemeinsamen Erlebens sozialer Unterschiede, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten<br />

und verschiebt damit zwangsläufig das Verhältnis zur Ausgestaltung<br />

sozialer Sicherung.« 132 Dort, wo die öffentlichen Unternehmen privatisiert werden<br />

und der Staat sich aus der Bereitstellung öffentlicher Dienste der Daseinsvorsorge<br />

zurückzieht, ist der Weg in die soziale Apartheid vorprogrammiert. 133<br />

Wie Mike Davis formuliert: »Letzten Endes ist die Stadt unsere Arche Noah, in<br />

der wir das Umweltchaos des kommenden Jahrhunderts vielleicht überleben können.<br />

Wirklich urbane Städte sind die umweltfreundlichste Art, mit der Natur zu<br />

koexistieren, über die wir verfügen, weil sie öffentlichen Luxus an die Stelle privater<br />

oder innerfamiliärer Konsumption setzen können. Ihnen kann die Quadratur<br />

des Kreises gelingen - die Verbindung zwischen einem nachhaltigen Umgang mit<br />

der Umwelt und einem anständigen Lebensstandard. Schließlich wird sich Ihre<br />

Bibliothek, wie groß sie auch sein mag, nie mit der New York Public Library messen<br />

können, und Ihr Swimmingpool, sei er noch so luxuriös, niemals mit einem<br />

großen öffentlichen Schwimmbad ...« 134<br />

Aber auch die privaten Unternehmen werden sich ändern müssen. Die brutale<br />

Unterordnung unter den Shareholder-Value verletzt ihren Status als Einrichtungen,<br />

an denen auch ein öffentliches Interesse besteht – von Seiten der Belegschaften,<br />

der Kommunen, der Kunden. Reclaim the Public heißt auch (Wieder-)<br />

Aneignung der Betriebe. Einerseits erwarten sie Flexibilität, Kompetenz und Motivation<br />

ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, andererseits stellen sie die Voraussetzungen<br />

dafür immer weniger bereit – lebenslange Weiterbildung, soziale<br />

Einrichtungen, Beteiligung an den Betriebsentscheidungen. Dies verlangt aber<br />

auch wieder mehr Einfluss auf die Kapitalkontrolle – schon deshalb, damit die<br />

Kurzfristigkeit heutiger Finanzinvestoren gebremst wird. Mitbestimmung ist<br />

tatsächlich kein Relikt. 135<br />

132 Lutz Brangsch: Grundsicherung: Ein vergessenes PDS-Konzept. In: Utopie kreativ, Heft 187 (Mai 2006), S.<br />

422.<br />

133 Birgit Mahnkopf: Globalisierung, Armut und Gewalt. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft<br />

7/2006, S. 819.<br />

134 Mike Davis: Planet der Slums. In Blätter für deutsche und internationale Politik 7/2006, S. 816.<br />

135 Jürgen Kocka: Die Zukunft der Mitbestimmung. In: Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Heft 6/2006, S. 61.<br />

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