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Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc

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Gesellschaftliche Kräfte, die eine große Koalition verhindern wollen, brauchen<br />

eine soziale Verankerung im Unten der Gesellschaft. Die CDU und CSU haben<br />

sich darauf eingestellt. Der Geschäftsführer ihrer Bundestagsfraktion, Norbert<br />

Röttgen, formuliert mit Blick auf die parteipolitische Herausforderung durch die<br />

Partei DIE LINKE und deren immer wirksamere Kapitalismuskritik in einem Interview<br />

mit der Welt: »Kapitalismuskritik – das ist eine Formulierung, mit der jemand<br />

wie Oskar Lafontaine versucht, Ängste zu schüren. Ich verwende diesen Begriff<br />

nicht, teile aber die Einschätzung, dass wir die durch die Globalisierung<br />

ausgelösten Unsicherheiten politisch ernster nehmen müssen. Für mich ergibt sich<br />

daraus eine Doppelaufgabe: zum einen müssen wir den Aufschwung verstetigen,<br />

Wachstum und den Anstieg der Beschäftigung absichern und weitere Modernisierungsschritte<br />

unternehmen, damit wir den Anschluss an die sich rasant entwickelnde<br />

Welt nicht verpassen. Genauso wichtig aber ist es zum anderen, die<br />

Teilhabe der Schwächeren an diesem Prozess zu organisieren und sicherzustellen.<br />

Anders als früher stellt sich das nicht mehr von selbst ein. Wenn es der Wirtschaft<br />

gut geht, geht es auch jedem einzelnen gut – diesen Zusammenhang gibt es in der<br />

Globalisierung nicht mehr automatisch. Und das macht den Schwächeren Angst.<br />

Und diese Schwächeren leben jetzt nicht mehr am Rand der Gesellschaft. Sie sind<br />

in der Mitte. Und darum haben wir in der Mitte der Gesellschaft ein Angstphänomen.«<br />

38<br />

Eine solche neokonservative Doppelstrategie von »Wachstum und Teilhabe« 39<br />

will den Staat in die Pflicht nehmen, offensiv jene Bedingungen zu schaffen,<br />

durch die die Integration möglichst vieler in eine marktbestimmte Gesellschaft gesichert<br />

werden kann. Es handelt sich dabei auch um jene, die zu Verlierern der Reformen<br />

geworden sind bzw. sich nicht mehr selbst in die Gesellschaft einbringen<br />

(können) wie Teile der Geringqualifizierten oder Prekarisierten und auch viele<br />

Migrantinnen und Migranten.<br />

Die SPD hat – unter dem Druck der von ihr vorgezogenen Neuwahlen – schon<br />

im Sommer 2005 eine Wende hin zur Wiederentdeckung der sozialen Frage vollzogen.<br />

Die von ihr selbst nach Deutschland geholten Hedgefonds wurden plötzlich<br />

zu einer Heuschreckenplage des Kapitalismus erklärt und der Neoliberalismus,<br />

der seit dem Schröder-Blair-Dokument von 1999 Regierungscredo war,<br />

neben der Linkspartei plötzlich zum Hauptfeind erklärt. Innerhalb der großen Koalition<br />

hat die SPD in einer Reihe von Fragen (Mindestlohn, Vermögensbildung<br />

von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Gesundheitsreform) halbherzig und<br />

ohne größere Entschiedenheit auf Lösungen gedrängt, die gegenüber den CDU-<br />

Vorstellungen auf eine stärkere staatliche Regulation setzen. Einerseits wird die<br />

Kontinuität zur Agenda 2010 betont, die Unternehmenssteuerreform unterstützt<br />

und andererseits die Erbschaftssteuerreform verlangt. 40 Marktkonforme Erneuerung<br />

und Gerechtigkeit sind weiterhin die Leitorientierungen der SPD. Dies<br />

38 http://www.norbert-roettgen.de/content/view/259/1/ (25. Juni 2007).<br />

39 Ebenda.<br />

39

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