Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
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macht würden, dass es »eine große Gruppe von Leuten (gäbe), die indifferent sind,<br />
die teilweise auch angestellt sind bei der Partei in den Städten und Gemeinden und<br />
die das machen, was die Partei sagt.« (F4) Und viele aus dem »Realo-Lager«<br />
wären in der DDR doch eher angepasste Leute gewesen, die heute technokratische,<br />
rechtssozialdemokratische Positionen vertreten würden.<br />
Eine Einzelmeinung weicht insofern von den anderen ab, als sie in Anlehnung<br />
an Phänomene der lateinamerikanischen Linken davon ausgeht, dass auch linke<br />
Bewegungen in Europa nicht ohne charismatische Persönlichkeiten zurechtkämen.<br />
Es dürfe nicht zum Personenkult führen und es sei auch kein ausgereifter Begriff,<br />
aber »linke Bewegungen ... brauchen Heldinnen und Helden.« (E13)<br />
Offen angesprochen wird, dass die gegenwärtige Stimmung auch Ausdruck der<br />
Angst vor Veränderung sei, was für beide Parteien und dort insbesondere für den<br />
strukturkonservativen Mittelbau gelte. Konfliktpunkte müssten inhaltlich ausgetragen<br />
werden, allerdings würden die Beteiligten sich teilweise nicht verstehen,<br />
als ob sie unterschiedliche Sprachen sprächen. Deshalb wird verlangt: »Das muss<br />
anders werden, da brauchen wir eine offene Auseinandersetzung« (F1).<br />
Die ergänzende Frage, ob es Hinweise für erste Veränderungen der Organisationskulturen<br />
gäbe, bejahen die meisten der Akteure. Es gäbe das Bemühen, den<br />
Anderen zu verstehen, die Kenntnis voneinander sei größer geworden, das Verständnis<br />
für parlamentarische Arbeit sei gewachsen und insbesondere in westlichen<br />
Landesverbänden sei die Zusammenarbeit verbessert. Politische Handlungsfähigkeit<br />
beginne sich durchzusetzen. Und »das ist wahrscheinlich der wichtigste<br />
Effekt überhaupt, dass es in sehr vielen Orten zu stabilen Kernen überhaupt führt<br />
in der Partei.« (E8)<br />
Veränderungen werden allerdings auch in der Richtung wahrgenommen, dass<br />
die Linke ihr »weibliches Gesicht« verlöre und »das Bild nach außen das einer ...<br />
patriarchal dominierten Partei ist, in der wenige Personen vorgeben, was passieren<br />
wird. Das halte ich für verheerend.« (E7) Zudem wird vermutet, dass es die<br />
Konflikte, die es vorher in der West-PDS gab, jetzt überall geben werde und das<br />
»wir das Know-how, was wir eigentlich schon haben, nicht nutzen für die Weiterentwicklung<br />
bestimmter Konzepte und Fragestellungen, sondern dass wir zurückkommen<br />
zu so einer holzschnittartigen Problemgestaltung.« (E15)<br />
»Was dabei so ein bisschen hinten runterfällt, das ist die Mitgliedschaft.« (E10) –<br />
Partizipation, Pluralität und Identität im Parteibildungsprozess<br />
Fast alle Akteure gehen davon aus, dass der Prozess der Neuformierung ein Top-<br />
Down-Prozess gewesen sei. Insbesondere in der Zeit vor der Bundestagswahl<br />
hätte es aufgrund zeitlicher und ungewisser rechtlicher Bedingungen keine anderen<br />
Handlungsoptionen gegeben. Die komplexen Schwierigkeiten, die auch darin<br />
bestanden, dass mit der Verschmelzung ein in der bundesdeutschen Parteienge-<br />
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