Michael Brie, Cornelia Hildebrandt, Meinhard Meuche-Mäker - eDoc
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tei sei es deutlich zu machen, »dass wir uns von den sonstigen Politikern unterscheiden.«<br />
(F1) Und dazu könne gehören, »dass wir einen sehr offenen Dialog<br />
pflegen mit anderen gesellschaftlichen Akteuren ...Ich glaube, dass das auch wichtig<br />
ist, also dass Politik selber so ein lernendes System ist.« (E15)<br />
Bei der Frage, wie die Linkspartei eine Partei für den Alltag werden kann, wird<br />
dieser Aspekt der Bürgerbeteiligung häufiger betont. Zunächst sei es erforderlich,<br />
die Anliegen der Leute zu verstehen, zuzuhören, aufzunehmen und sie dann in die<br />
politische Praxis umzusetzen. Ob hier der Ansatz einer »Kümmerer-Partei«, wie<br />
ihn die PDS in den neunziger Jahren auch mit unmittelbarer Beratungspraxis praktiziert<br />
hat, sinnvoll und möglich ist, wird unterschiedlich beantwortet. Einerseits<br />
müsse diese Kultur des Sich-Kümmerns weiterentwickelt werden, die Partei<br />
müsse fühlbar werden, ein Anlaufpunkt sein, zu dem Betroffene hingehen können.<br />
Möglich sei dies, weil die Themen, die mit der Linkspartei verbunden würden –<br />
wie Hartz IV – auch diejenigen sind, die den Alltag der Leute beträfen. Ob die Partei<br />
dem Anspruch überall gerecht werden könne, sei aufgrund der Altersstruktur<br />
ihrer Mitglieder allerdings unklar.<br />
Andere Akteure vertreten die Auffassung, dass »eine moderne Partei sich<br />
dadurch auszeichnen müsste, dass sie die Vielfalt ... der relevanten gesellschaftlichen<br />
Interessen aufgreift und versucht, ... nicht individuell irgendwelche Kümmerei<br />
zu betreiben, das ist eher der untergeordnete Aspekt, sondern ... den kontinuierlichen<br />
Diskurs zu organisieren« (F3) bzw. die konkreten Alltagsprobleme mit<br />
Aktionen zu verbinden und entsprechende Kampagnen zu entwickeln. Es käme<br />
darauf an, weniger eine karitative Rolle als vielmehr eine politisierende und organisierende<br />
Rolle einzunehmen und »Lernprozesse (zu) organisieren, in denen<br />
Menschen die Erfahrung sammeln können, dass es sich durchaus lohnt, Dinge<br />
wieder selber in die Hand zu nehmen« (E3).<br />
Empfohlen wird der Linkspartei, »auf die Alltagssorgen einzugehen, ohne verkürzte<br />
Antworten zu geben, sondern die Zusammenhänge aufzuzeigen, also im<br />
Sinne von Aufklärung, die den Namen verdient. Und dann auch immer die mittelund<br />
längerfristigen Probleme und Perspektiven ansprechen und zeigen, dass<br />
Antworten gemeinsam zu finden sind, also zu erarbeiten sind, dass sie noch nicht<br />
für alles eine Antwort haben ... Also das heißt, den Erfindungsreichtum der Vielen<br />
... als eine Produktivkraft, als eine kreative Kraft anzusprechen. Denn sonst wird<br />
man … als Partei wieder leicht unglaubwürdig. Besonders bei Leuten, die … sich<br />
nicht … abspeisen lassen mit solchen Stammtischparolen.« (G2)<br />
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