BZE II-Konzeptpapier - Institut für Waldökologie und Waldinventuren
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<strong>Konzeptpapier</strong> zur <strong>BZE</strong> <strong>II</strong> – Endfassung: Jan. 2007<br />
SEITE 62 VON 83<br />
8.3 Status <strong>und</strong> Veränderung von Stickstoff in den Kompartimenten<br />
der Waldökosysteme<br />
8.3.1 Problemstellung<br />
Stickstoff war in den deutschen Wäldern über sehr lange Zeiträume im Vergleich zu anderen<br />
Nährstoffen knapp. Die Waldökosysteme haben sich im Lauf der Evolution auf diese<br />
natürliche Mangelsituation eingestellt. Menschliche Aktivitäten (v. a. Streunutzung) verschärften<br />
diesen Mangel vielerorts.<br />
Seit einigen Jahrzehnten hat sich die Situation gr<strong>und</strong>legend geändert: Die Waldökosysteme<br />
erfahren nun erhebliche Stickstoffzufuhren aus der Luft. Menschliche Aktivitäten (v. a.<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> Verkehr) setzen erhebliche Stickstoffmengen frei, von denen große<br />
Teile über die Luft (v. a. als Nitrat <strong>und</strong> Ammonium) in die Wälder eingetragen werden.<br />
Im Ergebnis ist der ehemalige Mangelnährstoff nun z. T. im Überfluss vorhanden, <strong>und</strong> die<br />
Einträge gehen weiter: Die jährlichen Einträge an Stickstoff liegen deutlich über den zulässigen<br />
Schwellenwerten (Critical Loads). Prognosen von EMEP (UN/ECE) sehen bis 2010<br />
keine deutliche Verringerung der Einträge.<br />
Das erhöhte Stickstoffangebot führt in den Waldökosystemen zu vielfältigen Folgen: Stickstoff<br />
regt das Pflanzenwachstum an, gleichzeitig wächst der Bedarf an anderen Nährstoffen<br />
(z. B. Magnesium). Dies führt auf ärmeren Waldstandorten zu Engpässen; es kommt zu<br />
Nährstoffungleichgewichten. Weiterhin bilden die Bäume weniger Feinwurzeln aus <strong>und</strong><br />
verlagern außerdem große Teile ihrer Feinwurzelmasse in den humusreichen Oberboden. In<br />
der Folge geht nicht nur die <strong>für</strong> die Wasseraufnahme <strong>und</strong> das Waldwachstum notwendige<br />
Baum-Pilz-Symbiose (Mykorrhiza) zurück, sondern auch die Fähigkeit, Wasser <strong>und</strong> Pflanzennährstoffe<br />
in ausreichendem Maß aus tieferen Bodenschichten aufzunehmen. Dies führt<br />
zu einer erhöhten Anfälligkeit <strong>für</strong> Trockenstress.<br />
Außerdem begünstigen die Stickstoffeinträge einen Befall der Bäume durch Hallimasch,<br />
einem Pilz, der auf stickstoffangereicherten Böden zu einem wichtigen Schadfaktor werden<br />
kann. All dies – gemeinsam mit Veränderungen im Pflanzenstoffwechsel – erhöht die Anfälligkeit<br />
der Bäume gegenüber weiteren Stressfaktoren.<br />
Kronenverlichtung <strong>und</strong> Stickstoffeinträge begünstigen außerdem die Entwicklung einer<br />
üppigen Bodenvegetation, was die Verjüngung der Waldbäume behindert <strong>und</strong> die Wasserkonkurrenz<br />
verschärft. Außerdem führen die Stickstoffeinträge zu einer Standortsnivellierung,<br />
in deren Folge sich die Konkurrenzverhältnisse zwischen den Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten<br />
verändern. Es kommt zu Artenverschiebungen, die Zusammensetzung der Waldökosysteme<br />
ändert sich. Auf Stickstoffmangelstandorte spezialisierte Tier- <strong>und</strong> Pflanzenarten verlieren<br />
große Teile ihrer Lebensräume.<br />
Das derzeitige Stickstoffüberangebot verursacht ferner bodenprozessbedingte Säurebelastungen<br />
des Wurzelraumes. Die Gesamtsäurebelastung der Waldökosysteme ist mittlerweile<br />
primär durch Stickstoffeinträge bedingt. Im Durchschnitt der Level <strong>II</strong>-Flächen liegt<br />
der Anteil des Stickstoffs am potenziellen Säureeintrag bei 65 %. Wenn die Nitratausträge<br />
zunehmen, wird dies außerdem zu einer Belastung des Gr<strong>und</strong>wassers führen.