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Verleugnen! Mit diesem Stichwort kann der kritisierende Biedermann<br />

jede Entwicklung brandmarken, ohne sie zu verstehen; er kann seine entwicklungslose<br />

Unentwickeltheit feiernd als moralische Unbeflecktheit<br />

gegenüberstellen. So hat die religiöse Phantasie der Völker die Geschichte im<br />

großen und ganzen gebrandmarkt, indem sie das Zeitalter der Unschuld,<br />

das goldne Zeitalter, in die Vorgeschichte verlegt, in die Zeit, da noch überhaupt<br />

keine geschichtliche Entwicklung stattfand, und darum kein Verneinen,<br />

kein Verleugnen. So erscheinen in geräuschvollen Umwälzungsepochen,<br />

in Zeiten starker, leidenschaftlicher Verneinung und Verleugnung,<br />

wie im 18. Jahrhundert, brave, wohlmeinende Männer, wohlerzogene,<br />

anständige Satyre, wie Geßner, die der geschichtlichen Verderbnis den entwicklungslosen<br />

Zustand der Idylle entgegenhalten. Zum Lob dieser Idyllendichter,<br />

auch einer Art kritisierender Moralisten und moralisierender Kritiker,<br />

sei immerhin bemerkt, daß sie gewissenhaft schwanken, wem die<br />

Palme der Moralität zuzuerkennen, dem Schäfer oder dem Schaf.<br />

Doch lassen wir den Biedermann sich ungestört an seiner eigenen Tüchtigkeit<br />

weiden! Folgen wir ihm dahin, wo er sich auf die „Sache" einzulassen<br />

wähnt. Wir werden dieselbe Methode überall wiederfinden.<br />

„Ich kann nicht dafür, daß Herr Engels und andre Kommunisten zu blind sind, um<br />

einzusehen, daß die Gewalt auch das Eigentum beherrscht und die Ungerechtigkeit in<br />

den Eigentumsverhältnissen nur durch die Gewalt aufrechterhalten wird. - Einen<br />

Toren und einen Feigling nenne ich jeden, der einen Bourgeois wegen seines Gelderwerbs<br />

anfeindet, und einen König wegen seines Gewalterwerbs in Ruhe läßt." *<br />

„Die Gewalt beherrscht auch das Eigentum!"<br />

Das Eigentum ist jedenfalls auch eine Art von Gewalt. Die Ökonomen<br />

nennen das Kapital z.B. „die Gewalt über fremde Arbeit".<br />

Zwei Arten von Gewalt haben wir also vor uns, einerseits die Gewalt des<br />

Eigentums, d.h. der Eigentümer, andererseits die politische Gewalt, die<br />

Staatsmacht. „Die Gewalt beherrscht auch das Eigentum" heißt: das Eigentum<br />

hat nicht die politische Gewalt in Händen, sondern wird vielmehr von<br />

ihr vexiert, z.B. durch willkürliche Steuern, durch Konfiskationen, durch<br />

Privilegien, durch störende Einmischung der Bürokratie in Industrie und<br />

Handel u. dgl.<br />

In andern Worten: die Bourgeoisie ist noch nicht als Klasse politisch<br />

konstituiert. Die Staatsmacht ist noch nicht ihre eigene Macht. In Ländern,<br />

wo die Bourgeoisie die politische Gewalt schon erobert hat, und die politische<br />

Herrschaft nichts anders ist als die Herrschaft, nicht des einzelnen Bourgeois<br />

* D[as] Heinzensche Manifest, Nr.84 d[er] „D[eutschen]-B[rüsseler]-Z[eitung] u .<br />

22 Marx/Engels, Werke, Bd. 4

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