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verschiedenerlei Demokratien, und es ist sehr nötig, daß die Demokraten der<br />

zivilisierten Länder endlich die Verantwortlichkeit für die norwegische und<br />

urschweizerische Demokratie ablehnen.<br />

Die demokratische Bewegung erstrebt in allen zivilisierten Ländern in<br />

letzter Instanz die politische Herrschaft des Proletariats. Sie setzt also voraus,<br />

daß ein Proletariat existiert; daß eine herrschende Bourgeoisie existiert;<br />

daß eine Industrie existiert, die das Proletariat erzeugt, die die Bourgeoisie<br />

zur Herrschaft gebracht hat.<br />

Von dem allen finden wir nichts, weder in Norwegen noch in der Urschweiz.<br />

Wir finden in Norwegen das vielberühmte Bauernregiment (bonderegimente),<br />

in der Urschweiz eine Anzahl roher Hirten, die trotz ihrer demokratischen<br />

Verfassung von ein paar reichen Grundbesitzern, Abyberg usw.,<br />

patriarchalisch regiert werden. Bourgeoisie existiert in Norwegen nur ausnahmsweise,<br />

in der Urschweiz gar nicht. Proletariat ist so gut wie gar nicht<br />

vorhanden.<br />

Die Demokratie der zivilisierten Länder, die moderne Demokratie, hat<br />

also mit der norwegischen und urschweizerischen Demokratie durchaus<br />

nichts gemein. Sie will nicht den norwegischen und urschweizerischen Zustand<br />

herbeiführen, sondern einen himmelweit verschiedenen. Doch gehen<br />

wir näher ein auf diese urgermanische Demokratie, und halten wir uns dabei<br />

an die Urschweiz, die uns hier zunächst angeht.<br />

Wo ist der deutsche Spießbürger, der nicht begeistert ist für Wilhelm<br />

Teil, den Vaterlandsbefreier, wo der Schulmeister, der nicht Morgarten 12521 ,<br />

Sempach und Murten neben Marathon, Platää und Salamis 12531 feiert, wo<br />

die hysterische alte Jungfer, die nicht für die derben Waden und strammen<br />

Schenkel der sittenreinen Alpenjünglinge schwärmt? Von Agidius Tschudi<br />

bis auf Johannes von Müller, von Florian bis auf Schiller ist die Herrlichkeit<br />

der urschweizerischen Tapferkeit, Freiheit, Tüchtigkeit und Kraft in<br />

Versen und in Prosa ohne Ende gepriesen worden. Die Kanonen und<br />

Stutzer der zwölf Kantone liefern jetzt den Kommentar zu diesen begeisterten<br />

Lobgesängen.<br />

Die Urschweizer haben sich zweimal in der Geschichte bemerklich gemacht.<br />

Das erste Mal, als sie sich von der Österreichischen Tyrannei glorreich<br />

befreiten, das zweite Mal in diesem Augenblick, wo sie mit Gott für<br />

Jesuiten und Vaterland in den Kampf ziehen.<br />

Die glorreiche Befreiung aus den Krallen des österreichischen Adlers<br />

verträgt schon sehr schlecht, daß man sie bei Licht besieht. Das Haus Österreich<br />

war ein einziges Mal in seiner ganzen Karriere progressiv; es war im<br />

Anfang seiner Laufbahn, als es sich mit den Spießbürgern der Städte gegen

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