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Petition an den Stadtrat zu schicken, die nicht nur die Bewaffnung der bürgerlichen<br />

Nationalgarde, sondern aller Bürger in den Bezirken forderte. Am<br />

Abend gab es in den Straßen einige Unruhen. Die Leute riefen: „Vive la<br />

Repniblique", und versammelten sich in Massen um das Rathaus. Einige Verhaftungen<br />

wurden vorgenommen, aber nichts von Bedeutung geschah.<br />

Unter den verhafteten Personen waren zwei Deutsche -, ein politischer<br />

Emigrant, Herr Wolff, und ein Arbeiter. Sie müssen wissen, daß hier in<br />

Brüssel eine Deutsche Arbeiter-Gesellschaft, in der politische und soziale<br />

Fragen diskutiert wurden und eine deutsche demokratische Zeitung 1 existierten.<br />

Die in Brüssel ansässigen Deutschen waren allgemein als sehr aktive<br />

und kompromißlose Demokraten bekannt. Sie waren fast alle Mitglieder der<br />

Demokratischen Gesellschaft, und der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft,<br />

Dr. Marx, war ebenfalls Vizepräsident der Demokratischen Gesellschaft.<br />

Die Regierung, die sich des engstirnigen Nationalismus, der in einer bestimmten<br />

Klasse der Bevölkerung eines kleinen Landes wie Belgien herrscht,<br />

voll bewußt war, nutzte diesen Umstand aus, um das Gerücht zu verbreiten,<br />

daß die ganze Agitation für die Republik von den Deutschen ins Werk gesetzt<br />

worden sei —, von Männern, die nichts zu verlieren hätten, die wegen schändlicher<br />

Vergehen aus drei oder vier Ländern ausgewiesen worden wären und<br />

die nun versuchten, sich an die Spitze der beabsichtigten belgischen Republik<br />

zu stellen. Diese amüsante Neuigkeit ging am Montag durch die ganze Stadt,<br />

und in kaum einem Tag erhob die gesamte Krämeraristokratie, die den Kern<br />

der Nationalgarde bildet, ein einmütiges Geschrei gegen die deutschen<br />

Rebellen, die ihr glückliches belgisches Vaterland revolutionieren wollen.<br />

Die Deutschen hatten einen Treffpunkt in einem Kaffeehaus vereinbart,<br />

wohin jeder die neuesten Nachrichten aus Paris bringen sollte. Aber das Geschrei<br />

der Krämeraristokratie war so groß und die Gerüchte von Regierungsmaßnahmen<br />

gegen die Deutschen so vielfältig, daß sie gezwungen waren,<br />

selbst dieses unschuldige Mittel zur Aufrechterhaltung der Verbindung untereinander<br />

aufzugeben.<br />

Am Sonntagabend schon gelang es der Polizei, den Gastwirt, als Eigentümer<br />

des Raumes der Deutschen Gesellschaft, zu bewegen, ihr den Raum<br />

für künftige Treffen zu verweigern.<br />

Die Deutschen haben sich während dieser Zeit außerordentlich gut verhalten.<br />

Obwohl sie den kleinlichsten Verfolgungen durch die Polizei ausgesetzt<br />

waren, blieben sie doch auf ihrem Posten. Jeden Abend wohnten sie den<br />

1 „Deutsche-Brüsseler-Zeitung"

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