Band 29 - thule-italia.net
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Wege zu zeichnen und die ganze Lage des Duar aufzunehmen! Wir hätten nie erfahren, wie leicht er zu<br />
umfassen ist, wenn wir es nicht mit eigenen Augen sähen. Nur erst den Ustad von hier fort und hinüber zu<br />
den Taki! Dann sind zwei Tage genügend, den Duar wegzunehmen und das ganze Gebiet der Dschamikun<br />
einzuverleiben. Dann ist es mit dieser gefährlichsten Art des Christentumes für immer bei uns aus. Allah<br />
verdamme es!«<br />
»Jawohl, zwei Tage genügen,« stimmte der Andere bei. »Die vereinigten Taki und Dinarum [Dinarun]<br />
müssen ja gradezu erdrückend wirken. Sehr gut, sehr gut, daß ein Wettrennen hier stattfindet, an dem sich<br />
der Scheik ul Islam unbedingt zu beteiligen hat. Das gibt die vortrefflichste Gelegenheit, Vorbereitungen zu<br />
treffen, die uns sonst nicht möglich gewesen wären. Wir sparen Zeit dadurch und schlagen eher los.«<br />
»So weit steht Alles gut. Was aber wird der Schah dazu sagen? Man weiß, daß er den Ustad schätzt und<br />
schützt.«<br />
»Das überlaß dem Scheik ul Islam. Er sprach doch gestern von einem Vertrauten, der bei dem Ustad<br />
wohnen und alle seine Bücher, Schriften und Geheimnisse untersuchen wird. Dieser Mann soll der beste<br />
Muzabirdschi (* Wegfuchsler, Taschenspieler.) sein, den wir im Lande haben. Er stammt aus Isphahan, wo<br />
er vor langer Zeit einen Koch kennen lernte, dessen Tochter jetzt Köchin des Ustad ist. Er wurde in<br />
Teheran wegen schwerer und sehr pfiffiger Diebstähle zu mehreren Jahren Gefängnis bestraft, entfloh aber<br />
von dort und hielt sich lange Zeit hier in den Ruinen versteckt, wohin ihm die Köchin das Essen heimlich<br />
brachte. Wie er da von unserer Seite entdeckt wurde, das habe ich nicht erfahren, aber der Scheik ul Islam<br />
nahm sich seiner an und will ihm unter gewissen Bedingungen dazu verhelfen, von seiner Strafe frei zu<br />
werden. Welche Bedingungen das sind, geht uns nichts an; ich kann sie mir aber denken. - Nun bin ich<br />
fertig mit meiner Zeichnung.«<br />
»Ich fast auch.«<br />
»So beeile dich, damit man nicht auf unsere Abwesenheit aufmerksam wird und Verdacht schöpft.«<br />
Als ich das hörte, zog ich mich schnell zurück. Assil stand noch genau so, wie ich ihn verlassen hatte. Ich<br />
stieg auf und ritt denselben Weg hinunter, den ich heraufgekommen war. Hinter den Buchen schlug ich<br />
dann noch einen Bogen nach auswärts, so daß es, als man mich kommen sah, den Anschein hatte, als sei<br />
ich abwärts, aber nicht aufwärts geritten gewesen. Der Chodj und Kara befanden sich noch an derselben<br />
Stelle. Die Perser waren jetzt beisammen. Sie standen im Innern des Tempels, Tifl bei ihnen. Ich stieg am<br />
Beit-y-Chodeh ab und ging zu ihnen hinauf. Als ich kam, wendeten sie sich mir zu, und der angebliche<br />
Scheik ul Islam fragte, indem er nach den Ruinen hinüberdeutete:<br />
»Weißt du vielleicht, Effendi, was das für ein altes, sonderbares Bauwerk ist, da drüben?«<br />
»Das wollte ich soeben dich fragen,« antwortete ich. »Du weißt ja, daß ich weder Priester oder Offizier,<br />
noch Beamter oder sonst Etwas von Bedeutung bin. Wie kann ich also, noch dazu als Europäer, hierüber<br />
besser Auskunft geben als du, der als ein Licht des Glaubens hoch über allem Wissen und aller Kenntnis<br />
steht!«<br />
Er warf einen lächelnden Blick auf den »Schreiber«, nickte mir wohlwollend zu und sprach:<br />
»Du hast Recht. Für die von Allah Erleuchteten liegt alles klar und offen da, was selbst das scharfe Auge<br />
der Wissenschaft niemals erkennen wird. Dieses Bauwerk war der Abgötterei gewidmet, dem<br />
Götzendienste, der uranfänglich nur Bilder verehrte, doch zuletzt sogar auch Idole anbetete, welche<br />
Menschen gewesen waren. Indem du da hinüberschaust, wirst du an alle Religionen erinnert, nur allein an<br />
unsern Islam nicht. Wie kommt das wohl? Weil der Islam die einzige Religion ist, welche Gottes Befehl<br />
erfüllt, daß wir uns kein Bild[,] noch irgend ein Gleichnis machen sollen. Oder hast du jemals eine<br />
Moschee gesehen, in welcher das Bildnis eines Menschen hängt, um verehrt zu werden?«