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Band 29 - thule-italia.net

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Gerechten nicht hereinzulassen! Nach dieser deiner Liebestheorie würde der Himmel schnell zur Hölle<br />

werden, nicht aber die Hölle zum Himmel. Ihre letzte logische Folge ist, daß alles Gute verschwinden und<br />

Gott zum Teufel werden müßte. Unsere Bibel spricht nicht ohne Grund von dem Wurme, der nie stirbt, von<br />

dem Feuer, welches nie verlischt, und von dem Orte, an welchem Heulen und Zähneklappern ist. Indem du<br />

in deinem Märchen die Hölle selig werden ließest, hast du alle diese Qualen für die armen Geschöpfe<br />

aufgehoben, die von ihr verführt worden sind. --- War das etwa der Inhalt deiner Bücher, die du schriebst?<br />

Hast du jene angebliche Gottes- oder Christusliebe gelehrt, welche jedem Schuldigen die Strafe erläßt, nur<br />

damit Gott seinen Himmel nicht leer stehen zu lassen brauche? Bist du ein Verkünder jener unüberlegten<br />

Barmherzigkeit gewesen, welche die Bösen schont, damit sie gegen die Guten um so unbarmherziger<br />

verfahren können? Hast du jene pseudogöttliche Langmut gepredigt, welche das Unkraut ungehindert<br />

emporschießen läßt, bis der Weizen erstickt worden ist? Wenn du mir diese Fragen mit ja beantworten<br />

mußt, so hast du die Sünde und das Laster, die Selbstgerechtigkeit und die Heuchelei großgezogen und<br />

darfst dich nicht darüber wundern, daß diese deine Schatten schließlich dich auch selbst noch überwältigt<br />

haben! Du bist für die christliche Schwäche eingetreten, aber nicht für die christliche Liebe! Du hast diese<br />

Schwäche durch dein eigenes Leben in das Praktische übertragen und bist durch sie zum Rohre geworden,<br />

welches brechen mußte, als es sich nicht mehr tiefer beugen konnte! Du glaubtest, berufen zu sein, dich -«<br />

»Halt ein, Effendi, halt ein!« rief er aus, indem er die Hände abwehrend gegen mich bewegte. »Du hast<br />

recht, recht, o wie so recht! Du hast vorhin von Liebesduselei gesprochen. Es war richtig! Ich dusele noch,<br />

jetzt noch, heute noch! Als du den Multasim vorhin laufen lassen wolltest, wohl um dann später seinen<br />

ganzen Anhang in die Hände zu bekommen, war ich dagegen. Ich wollte seine sofortige Bestrafung, aber<br />

mild, schonend. Ich gab ihn scheinbar ganz in deine Hände, aber wenn es deine Absicht gewesen wäre, ihn<br />

vollständig unschädlich zu machen, ihn zu vernichten, so hätte ich mich dagegen gewehrt mit allen Mitteln,<br />

die mir zur Verfügung stehen!«<br />

»Wirklich? Das ahnte ich freilich nicht!«<br />

»Es ist so, ganz gewiß! Du siehst, daß ich ehrlich bekenne. Du hast mich in diesen letzten fünf Minuten<br />

kuriert. Gefühlsduselei! Wie wahr, wie wahr, wie wahr! In dieser Duselei habe ich mir mein eigenes Mark<br />

aus Leib und Geist gesogen. Nun aber soll es anders, anders, anders werden! Ich bin zwar alt, sehr alt, aber<br />

noch habe ich Knochen, und noch habe ich Muskeln, nicht nur am Körper, sondern auch am Geiste.<br />

Erlaube mir, daß ich mich an dir stähle! Ich richte mich auf. Jawohl! Ich weiß, daß ich es werde! An dir<br />

will ich mich heben. Sei du die Hand, an der ich Kraft erlange! Sei du es jetzt, von dieser Stunde an! Ich<br />

gehe morgen fort, für eine ganze Woche. Ich bitte dich, an meine Statt zu treten! Du sollst der Herr im<br />

"hohen Hause" sein. In deiner Hand weiß ich mein kleines Reich am besten aufgehoben. Hier mein Pedehr<br />

hört, was ich dir jetzt sage. Er wird, was du befiehlst, so auszuführen wissen, als ob ich selbst es ihm<br />

befohlen hätte.«<br />

»Du willst verreisen?« fragte ich erstaunt.<br />

»Ja,« antwortete er.<br />

»Darf ich wissen, wohin?«<br />

»Natürlich! Du bist ja nun der Herr, von dieser Stunde an! Ich gehe nach Isphahan, zum Schah-in-Schah.<br />

Infolge dessen, was ich heut von meinen Feinden hörte.«<br />

»Vortrefflicher Gedanke!« stimmte ich ihm bei.<br />

»Es freut mich sehr, daß du derselben Ansicht bist. Ich hab es ihnen ehrlich mitgeteilt, daß ich mir an der<br />

rechten Stelle Hilfe suchen werde. Sie höhnten wohl darüber. Wer sich allein auf seinen Schah verläßt und<br />

dieses ohne Furcht und offen sagt, den wird man zwar verspotten und zum Gelächter machen; doch wenn<br />

die Zeit des Schah gekommen ist, dann regt die Schar der Amdschaspands (* Heerschaaren, Engel.) die<br />

Schwingen, und Geist um Geist fährt mit dem Schwert darein, dem Kindesglauben Himmelssieg zu

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