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Band 29 - thule-italia.net

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sprechen. Wir konnten nicht hören, was er sagte, aber es hatte den beabsichtigten Erfolg: Die Hinteren<br />

drängten unwiderstehlich nach vorn, und die Vorderen rückten weiter. Da auf der Flucht die vorn<br />

Befindlichen niemals die Mutigen sind, so sahen sie sehr vernünftiger Weise ein, wie überlegen wir ihnen<br />

waren und daß<br />

Widerstand nichts als nur Dummheit sei. Sie stiegen ab, lieferten ihre Waffen und Pferde aus und<br />

verschwanden dann in der Kluft.<br />

Das Beispiel wirkt, und was der Eine kann, das kann der Andere auch! Während wir von den andern Seiten<br />

immerfort nachdrängten, gab es auf der Ostseite mehr als vollauf zu tun, die erbeuteten Waffen und Rosse<br />

aus der Linie zu bringen. Aber der einzige Zugang zu dem Massengefängnisse war so schmal, daß die<br />

Unterbringung der Schatten viel langsamer vor sich ging, als wir es wünschten. Uebrigens nahmen sie ihr<br />

Schicksal nicht sehr tragisch auf. Schatten denken ja heut so und morgen so! Als es ihnen mit der Zeit im<br />

Sattel zu unbequem wurde, stiegen sie ab und machten es sich auf der Erde gemütlicher. Und wenn dann<br />

unsere Leute kamen, um die Pferde wegzunehmen, so bekamen sie die Gewehre, Pistolen und Messer ganz<br />

ohne Widerrede obendrein. So kam es, daß wir die Beute schon alle beisammen hatten, als noch fast die<br />

Hälfte der Schatten im Freien saßen und darauf warteten, untergebracht zu werden.<br />

Was diese Beute betraf, so hatte der Ustad im Namen sämtlicher Dschamikun auf sie verzichtet. Sie sollte<br />

nur unsern Verbündeten zufallen, und diese ernannten sogleich an Ort und Stelle eine Kommission, welche<br />

die einzelnen Stücke zu taxieren und gerecht zu verteilen hatte. Das geschah denn auch, und grad als der<br />

letzte Schatten in der Ritze der Kluft verschwunden war, hatte auch das letzte ihrer Pferde seinen neuen<br />

Herrn bekommen und die letzte ihrer Waffen ihre neue Stelle gefunden. Da war es nun aber auch beinahe<br />

Abend.<br />

Die Bewachung der Gefangenen wurde den Kalhuran anvertraut, von deren Scheik man sicher sein konnte,<br />

daß er dieser seiner Pflicht genügen werde. Was hier nun noch zu geschehen hatte, konnte mir gleichgültig<br />

sein. Darum beschloß ich, heimzureiten, und Dschafar Mirza gesellte sich zu demselben Zweck zu uns. Da<br />

sahen wir weit draußen im Osten einen Kamelreiter kommen. Sein Tier war kein gewöhnliches. Es<br />

entwickelte eine Schnelligkeit, welche Dschafar zu dem Ausrufe veranlaßte:<br />

»Das kann nur ein Eilbote sein! Vielleicht wieder vom Schah-in-Schah!«<br />

Er hatte ganz richtig vermutet. Wir ritten so, daß der Mann auf uns treffen mußte, und erfuhren da, daß er<br />

vom Beherrscher komme und je einen Brief an Dschafar Mirza und an den Ustad der Dschamikun habe.<br />

Der Erstere bekam seinen Brief und las ihn sofort. Es war ein langer, schmaler, starkbesiegelter Zettel<br />

dabei. Dschafar lächelte, sagte aber jetzt noch nichts. Wir ritten weiter, mit dem Kuriere Schritt haltend.<br />

Aber meinem Syrr schien der Geruch des Kamels unangenehm zu sein. Er schüttelte den Kopf wie gegen<br />

einen lästigen Mückenschwarm und drängte seitwärts ab. Das half nicht genug. Da bäumte er sich unwillig<br />

auf und setzte sich dann in einen Galopp, der mich weit, weit eher als die Andern vor das Zelt Ahriman<br />

Mirzas brachte. Der Ustad war noch da. Er sagte, daß er soeben erst mit dem Lesen fertig geworden sei und<br />

mir erst morgen mitteilen werde, was er hier so ganz unerwartet gefunden habe. Ich erzählte ihm, in<br />

welcher Weise die Schatten entwaff<strong>net</strong> und untergebracht worden waren, und dann kam der Kurier,<br />

welcher das Schreiben abgab.<br />

Es war inzwischen so dunkel geworden, daß wir im Zelte Licht anbrannten, damit der Ustad es lesen<br />

könne. Es enthielt zwei Bogen, beide mit dem Siegel und der eigenhändigen Unterschrift des Beherrschers.<br />

Den einen gab er mir mit dem Bemerken, davon Gebrauch zu machen, sobald es mir beliebe. Es war --- die<br />

volle, bedingungslose Begnadigung des Aschyk. Den andern steckte er ein, ohne jetzt schon über seinen<br />

Inhalt zu sprechen. Es war ihm zunächst um den Transport der Truhe zu tun, die er unmöglich hierlassen<br />

könne. Es sei nicht nur Wahnsinn, sondern geradezu Verrücktheit, derartige Papiere nicht besser<br />

aufzubewahren als der Prinz. Da erbot sich der Kurier, die Truhe mit auf sein Kamel zu nehmen. Er mußte<br />

ja mit nach dem Duar, um dort zu warten, bis der Bericht des Ustad und die Antwort Dschafars fertig<br />

waren. Sie wurde ihm hinaufgegeben und oben festgebunden, und dann ritten wir heim.

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