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Band 29 - thule-italia.net

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»Schaut hin! Da sitzt nun dieser Ustad mitten unter Euch, auf Eurem schönsten Platze! Ich frage Euch: Was<br />

tut er wohl, indem ich ihn vernichte und zermalme? Er lächelt, lauscht und schweigt! Ich weiß, dies<br />

Lächeln soll Euch imponieren, jedoch bei mir verfehlt es diesen Zweck. Es soll den Anschein geben, als ob<br />

er mich verachte, ist aber nichts, als nur Verlegenheit! Und warum dieses Schweigen? Wozu hat er den<br />

Mund? Wer angegriffen wird und sich nicht schuldig fühlt, der hat doch wohl die Pflicht, sich zu<br />

verteidigen! Er aber sagt kein Wort. Er hat geschwiegen und schweigt immer weiter, als ob ---«<br />

Er kam nicht weiter. Der Hauptmann der Leibgarde, der sich mit einigen seiner Leute dem Ausruferstande<br />

unauffällig genähert hatte, sprang jetzt zu ihm hinauf, faßte ihn beim Genick und rief:<br />

»Er hat geschwiegen, weil er sicher wußte, daß jede faule Frucht von selbst vom Baume fällt! So falle<br />

denn! Hinab mit dir, denn deine Zeit ist da!«<br />

Er schleuderte ihn seinen Leuten zu, die ihn sofort packten und in ihr naheliegendes Zelt führten. Da sprang<br />

der Scheik ul Islam ebenso wie Ahriman Mirza auf.<br />

»Was soll das sein?!« rief der Erstere aus. »Wer gibt dir das Recht, dich an diesem Ehrenmanne zu<br />

vergreifen?! Er steht unter meinem Schutz!«<br />

»Schutz?« lachte der Hauptmann ihm von oben herunter zu. »Wenn du nur fähig wärest, dich selbst zu<br />

schützen!«<br />

»Auch unter dem meinigen!« behauptete Ahriman Mirza drohend. »Was hast du überhaupt hier bei den<br />

Dschamikun zu suchen?«<br />

»Das will ich dir gern sagen: Ich suche nach dem Obersten der Schatten, der hier seit kurzer Zeit sein<br />

dunkles Wesen treibt. Ich denke, daß ich ihn bald finden werde, da ich nun seinen Freund und Henker<br />

habe! Setzt Euch nur augenblicklich wieder nieder! Ich möchte sehen, ob es Euch wohl gelänge, so still zu<br />

sein und so bewußt zu lächeln, wie es dem Ustad vorgeworfen wurde!«<br />

»Welch eine Frechheit! Ich bin ein kaiserlicher Prinz und kann dich augenblicklich köpfen lassen, von<br />

deinen eigenen Leuten!«<br />

»Versuche es!« Er zog den kleinen Lederumschlag aus der Tasche, hielt ihn empor und fuhr fort: »Kennst<br />

du wohl dieses Täliq-Alphabet, mit dessen Hilfe ich gewisse Briefe lese? Ich las auch folgenden: An<br />

Ghulam el Multasim, meinen Henker! Es ist die Zeit gekommen, daß die Gul-i-Schiraz [Gul-i-Schiras] auf<br />

der Brust von Dschafar Mirza zu erblühen hat. Das soll am fünften Tage des Monates Schaban geschehen,<br />

zur Zeit des Abendgebetes, keine ---«<br />

»Wo hast du das her, woher?!« brüllte Ahriman ihm mitten in den Satz hinein, indem er sich über die<br />

Spitze der Tribüne schwang, um ihm das Alphabet zu entreißen.<br />

Da stand der Ustad auf, nahm ihn fest und scharf in das Gesicht und rief ihm zu:<br />

»Schau her zu mir, Mirza; ich kann es dir sagen!<br />

Dein Chodem war bei ihm und hat es ihm verraten! Wer aber seinen Chodem von sich läßt, der ist verrückt<br />

--- verrückt --- verrückt!«<br />

Da blieb Ahriman halten, fuhr sich mit der Hand schnell an die Stirn, als ob er da geschlagen worden sei,<br />

stieß einen Schrei aus, sprang von der Tribüne herab und verschwand fliehend in der Menge der<br />

dastehenden Leute. Es gab nur Wenige, die diese rasche, stille Flucht begriffen.

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